Die Finanzkrise ist tot. Es lebe die Krise der Politik!

Peer Steinbrück schreibt in seinem neuen Buch sinngemäß: „Die Banken mussten sich das Vertrauen, das sie untereinander nicht mehr hatten, beim Staat leihen.“ Es zeigt sich aber immer mehr, daß auch der Staat kein Vertrauen mehr zu verleihen hat. Es gibt nur noch ein paar Abziehbildchen von dem, was einmal Vertrauen war.

Trauer um Vertrauen
Die Demonstranten in Stuttgart schreien: „Lügner, Lügner!“ Und es stimmt, sie werden belogen. Aber sie werden wieder einmal von denen belogen, denen sie glauben. Propagandisten sagen ihnen, daß es schlecht für sie wäre, wenn die riesigen Bahnflächen im Stadtgebiet Stuttgarts als Flächen für Wohnungen, Parks, Freizeitanlagen und Arbeitsplätze genutzt werden könnten. Und die Demonstranten laufen Sturm gegen diese neuen Möglichkeiten, die ihnen angeboten werden.
Wie können, zugegebenermaßen gewiefte, PR-Strategen Menschen-Massen dazu bewegen, einer Landesregierung „Lügner!“ entgegen zu schleudern, wenn sie jedenfalls dieses eine Mal etwas tut, was für jedermann und jede Frau und jedes Kind sichtbar die Lebensqualität der Menschen in der Stadt und ihrer Umgebung dramatisch verbessern kann?

Die Fassade ist zu klein geraten
Der Grund ist: Der Staat hat seinen Kredit verspielt. Die Leute wissen, daß Ihnen über die Finanzkrise nicht die Wahrheit gesagt wurde. Sie verstehen zwar nicht, was passiert ist. Aber sie verstehen, daß es jedenfalls nicht so war, wie ihnen gesagt wird.

  • Es wird über die bösen Banker geschimpft, und ihnen alle Schuld zugewiesen. Aber Tatsache ist, daß der einzige Bankenvorstand, der bisher wegen Bilanzbetrugs verurteilt wurde, Chef einer Bank – der IKB – war, die vor der Krise im Eigentum des Bundes war. Es ist auch eine Tatsache, daß dieser Bilanzbetrug nicht etwa von der Bankenaufsicht entdeckt und beendet wurde. Vielmehr musste der Chef einer privaten Bank die Bankenaufsicht zum Einschreiten zwingen.
  • Personen, die öffentlich bemängelt haben, daß die Hypo-Real Estate Bank, auch nach Ihrer Übernahme durch den Bund, im Vergleich zu anderen Banken erstaunlich wenige Immobilienkredite im Wert an die neuen Marktverhältnisse angepasst hat, wurden des Geheimnisverrats bezichtigt.
  • Staatsanleihen von Ländern, die nach Auskunft ziemlich einfacher Rechenregeln mit einiger Wahrscheinlichkeit ihre Schulden nicht vertragsgemäß zurückzahlen können, können (und müssen) in Bilanzen von Banken und Versicherungen als risikolos bewertet werden.

Schein und Sein sollten eine Schnittmenge haben
Das sind nur drei Beispiele. Es gibt noch mehr. Aber die Essenz ist: Das internationale und das europäische Finanzsystem in seiner jetzigen Form ist nur noch eine Fassade. Hinter verschlossenen Türen wird nach Lösungen gesucht. Den Leuten auf der Straße wird jedoch gesagt, alles sei im grünen Bereich. In Wahrheit ist vieles im Eimer. Die Altersvorsorge der meisten Menschen beruht nur noch auf imaginären Werten. Der Staat verspricht allen möglichen Institutionen unvorstellbare Geld-Summen, nur um die Fassade aufrecht zu erhalten. Und die großen Staaten, die unter dem Schock des Jahres 2008 noch zusammen gearbeitet hatten, spielen jetzt gegeneinander.

Neue Verführungskünstler stehen bereit
Das Missverhältnis zwischen dem, was den Menschen über die eigene Zukunft gesagt wird, und der Beobachtung, wie sich der Eimer immer mehr füllt, schafft Angst. Und diese Angst schafft unglaubliche Chancen für allerlei Verführungskünstler. Zwei aktuelle Beispiele:

  • Die erwähnten Obenbleiber, die den Menschen in Stuttgart von Frischluftschneisen über Bahnanlagen vorschwärmen, und warnen, daß ihre Häuser an Wert verlieren, sobald in der weiteren Umgebung ein Tunnel gegraben wird.
  • Saraziner, die bemerken, daß sie in ihrer Institution nicht mehr Chef werden können und dann
    • in Büchern Banalitäten mit Dummheiten verrühren,
    • auf diese Weise ihre vertraglichen Verpflichtungen abschütteln,
    • dabei viel Geld verdienen sowie ihren Werbewert und politischen Einfluss steigern.

Mit solchen Methoden kann man sich politische Plattformen schaffen, um den jeweiligen persönlichen Machthunger vielleicht doch noch zu stillen.

Diese Saraziner und Obenbleiber können es schaffen, die Macht zu ergreifen und Deutschland sowie Europa zu dominieren. Und niemand sollte glauben, daß sie weniger machtgierig wären als die heute Mächtigen. Sie haben bereits gezeigt, daß sie in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich sind.

Die wirklichen Probleme angehen
Eine offene Diskussion über die Veränderungen der Machtverteilung in der Welt könnte noch etwas Positives bewirken. Es wird mittlerweile offensichtlich, daß die Europäer nicht mehr die Mittel haben, sich einfach alle Ressourcen der Welt, die sie haben möchten, zu nehmen. Das Problem der „sozialen Gerechtigkeit“ in Europa wird schon in wenigen Jahren nicht mehr auf dem Rücken der Menschen in Asien, Afrika und Südamerika lösbar sein.

Die Rolle des Staates
So wird es notwendig, die Rolle des Staates und die Verantwortung jedes Einzelnen für sein Leben neu abzugrenzen. Ich weiß, daß eine solche Debatte unbequem ist. So konnte leider auch nur ein nicht gewählter Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten darauf hinweisen, daß Transferleistungen für deren Empfänger auf Dauer zur Fessel werden und ihnen sowohl Lebensqualität als auch Selbstwertgefühl in eine wahre Ruine verwandeln können.

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2 Gedanken zu „Die Finanzkrise ist tot. Es lebe die Krise der Politik!“

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