ADD und Texter – ein Lacher?

Meine Schwester, die Logopädin ist, würde diese Frage zwar nicht aussprechen. Aber denken.

Zwei Antworten:

  1. Vor dem Schreiben kommt das Denken. (So sollte das jedenfalls sein.) Und ADD ist, wenn man richtig damit umgeht, beim Denken eine Stärke. Man „tickt“ ein bisschen anders, und sieht deshalb Dinge und Zusammenhänge, die andere nicht sehen.
  2. Es gibt Spell-Checker, die mittlerweile gut funktionieren. Als ADDler muss man vielleicht den eigenen Text einige Stunden liegen lassen, bevor man ihn ein zweites oder drittes Mal korrigiert, sonst sieht man viele Fehler einfach nicht.

Neue Phase der Wirtschaftskrise

Die Wirtschaftskrise hat eine neue Phase erreicht:
Die Milliardenversluste der Banken waren bisher mit keinem aktuellen negativen Cashflow verbunden. Vielmehr handelte es sich darum, anzuerkennen, daß vergossene Milch vergossen war. Dadurch konnte die Regierung auch leicht verschiedenen Banken 10 oder auch 80 Milliarden Euro geben, die sie nicht hatte. Es ging in Wirklichkeit darum, die Bilanzen zu verschönern.
Beispiel: Die Regierung gibt einer Bank sagen wir 10 Milliarden Euro Eigenkapitalhilfe. Die Bank benutzt das Geld sofort, um damit Bundesanleihen zu kaufen. Unter dem Strich ist aber kein geld geflossen, denn die Bank hat jetzt 10 Milliarden Euro Eigenkapital zusätzlich, angelegt in angeblich risikolosen Bundesanleihen. Diese können voll auf die vorgeschriebene Sicherheitsreserve der Banken in Höhe von mindestens 4% der Bilanzsumme angerechnet werden. Die Bankenaufsicht nimmts erfreut zur Kenntniss.

Das ist, was war. Aber jetzt kommt eine neue Welt. Ein Industriebetrieb wie Opel oder ein Handelsbetrieb wie Arcandor macht Verluste. Das sind dann jeden Tag Millionen von Euro, die tatsächlich den besitzer wechseln, und für die eine Kreditlinie in Anspruch genommen wird. Für die Bank bedeutet das: Geld aus der sichersten Anlageform, nämlich Cash, wird in einen riskanten Kredit für ein Unternehmen mit fragwürdiger Zukunft verwandelt. Dieses Geld steht somit nicht mehr für die Risiko-Reserve zur Verfügung, und gleichzeitig ist die Bank einem höheren Risiko ausgesetzt.

Wenn nun viele Frimen gleichzeitig auf ihnen vertraglich zugesicherten Kreditlinien zurückgreifen, kann es passieren, daß die Sicherheits-Reserve einer Bank wie ein Stück Eis in der Tropensonne wegschmilzt, obwohl die Bank in diesem Moment genau genommen keinen Verlust macht. Im Extremfall entsteht massiver Abfluß aus der Sicherheitseserve der Bank. Dieser fällt im Rahmen des täglichen Zahlungsverkehrs an. Es besteht dann der große Anreiz, daß Banken den Zahlungsverker verlangsamen. Eine Überweisung dauert dann wieder 7 Tage, anstatt der bisher üblichen zwei Tagen. In der Zwischenzeit sichert sich die eine oder andere Bank den notwendigen Level ihrer Sicherheits-Reserve mit dem Geld, das überwiesen werden soll.
Damit wird auch wird das notwendige Vertrauen erschüttert. Was passiert, wenn ein Kunde mit einer Überweisung eine Rechnung bezahlt hat, das Geld aber nicht angekommen, weil eine Bank, die das Geld einen Tag zwischengelagert hat, just an jenem Tag von der Bankenaufsicht geschlossen wird? Und wie verhält sich eine Bank, die solches von ihrer Partnerbank befürchtet?

Bankaufseher setzen WestLB-Eigner unter Druck (bei Handelsblatt.com am 09.06.2009 veröffentlicht)

Ausblick: Nach der Krise

Auch wenn wir noch lange mit den Folgen dieser Finanzkrise zu kämpfen haben werden, kann man doch schon das eine oder andere über die Welt danach sagen:

  • Die Papierwährungen Euro und Dollar werden zwar als Verrechnungseinheit weiter existieren, haben sich aber als Wertspeicher gründlich diskreditiert.
  • Der Mythos, daß Staatsanleihen, wenigstens der USA und Deutschlands, risikolose Vermögensanlagen seien, wurde als Mythos enttarnt.

Papiergeld verliert an Vertrauen
Papierwährungen können kein universaler Wertspeicher mehr sein, weil sich herausgestellt hat, daß die Regierungen und Zentralbanken die Möglichkeit haben, den Wert der Währungen massiv zu manipulieren, und dies im Zweifelsfall auch tun, wenn ein politisches Ziel nur wichtig genug ist.
Ich sage nicht, daß es falsch war, daß die Regierungen wenigstens die grundsätzlichen Funktionen des Bankensystems durch massive Manipulationen abgesichert haben. Aber es hat doch zu einem politschen „pick the winner“ geführt. (Und zur Bestrafung derer, die diese staatlichen Zuwendungen an ihre Konkurrenz mit ihren Steuern bezahlen müssen.)

Dramatische Verluste mit angeblich risikolosen Geldanlagen
Viele Menschen haben durch diese Aktionen wichtige Ersparnisse verloren. Das trifft insbesondere jene, die bei ihrer Altersvorsorge massiv auf langfristige Staatsanleihen gesetzt haben. Mit den bald notwendig werdenden Zinserhöhungen, und mit der fast unvermeidlichen Inflation (wegen der massiven Geldschöpfung in Europa und USA) werden diese Papiere noch viel mehr von ihrem Wert verlieren.

Keine langsfristigen Kreditfinanzierungen
Wenn aber der tatsächliche Wert eines Dollars oder eines Euros in 10 Jahren nicht mehr vorhersehbar ist, wird auch eine Kreditfinanzierung über einen solchen Zeitraum so gut wie unmöglich. Wer verleiht schon seine Ressourcen, wenn er nicht den Wert dessen abschätzen kann, was er zurück bekommt.

Eigenkapital und Cash Flow
Das bedeutet für Unternehmen, groß oder klein, daß Eigenkapital-Finanzierung sehr viel wichtiger wird, und daß jeder seinen Cash-Flow mit Agurs-Augen überwachen wird.
Übersetzt in die Touristik bedeutet dies, daß Yield Managment Konzepte sich noch viel weiter ausbreiten werden, insbesondere auch bei Hotels. (Bei Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen geht es bereits jetzt nicht mehr ohne Yield Management Systeme). Damit wird das System der Vermarktung über Kataloge mit Preisen, die bereits im Vorjahr je nach Gespür des Produktmanagers vorgegeben wurden, noch mehr in Frage gestellt.

Der Staat verliert an finanzieller Macht
Ähnliches trifft auch für den Staat zu. Die Regierungen werden nicht mehr beliebig viel Geld von den Finanzmärkten bekommen. Sie müssen das Geld entweder drucken, oder als Steuern eintreiben. Drucken von Geld bewirkt mehr Inflation, höhere Zinsen (auch für die Regierung), eine Schwächung des Wechselkurses und damit höhere Einfuhrpreise. Geht eigentlich nicht.
Dann bleiben höhere Steuern. Wenn aber auch die Steuerzahler nur noch kurzfristige Kredite bekommen, wirken sich höhere Steuern direkt auf die Investitionsausgaben und damit auf das Wirtschaftswachstum negativ aus. So können höhere Steuern im Einzelfall sogar zu niedrigeren Staatseinnahmen führen. Damit wird klar, daß der finanzielle Handlungs-Spielraum des Staates in den nächsten Jahren deutlich eingeschränkt sein wird. (Mancher wird das begrüßen. Andere werden es bedauern, da jeder Euro zusätzliche Staatsausgabe ein Euro mehr Macht für Politiker ist)

Fazit:
Für die überschaubare Zukunft wird Cash Flow und Eigenkapital König sein. Das ergibt eine Prämie auf Flexibilität und kurze Entscheidungswege, die mehr im Mittelstand zuhause sind. Der Staat wird versuchen, soviel Steuern wie irgend möglich einzunehmen – und wird trotzdem zu Ausgaben oftmals nein sagen müssen.

Neue Strategien europäischer Reiseveranstalter

Langsam zeichnet sich eine Neustrukturierung am deutschen und europäischen Pauschalreise-Markt ab:

  • TUI übergibt den Kurzstreckentei von TUIfly an Air Berlin, behält aber die Langstreckendienste, die dem Marktführer in Deutschland eine Zugangskontrolle zu bestimmten Reisezielen erlauben.
  • TUI versucht laut Financial Times vom 20.April den Deutschen Arm wieder von Deutschland aus zu steuern.
  • Mit dem sich abzeichnenden Kapitalbedarf bei Arcandor stellt sich auch die Frage nach dem Schicksal der der Arcandor-Tochter Thomas Cook. Es wäre durchaus vorstellbar, daß Arcandor entweder Anteile an Thomas Cook verkaufen muß, oder daß auch hier die Integration der deutschen Operation in die britische Thomas Cook PLC in Frage gestellt wird. Das könnte auch ein ploitischer Preis sein, den eine zunehmend wirtschafts-nationalistische Berliner Regierung für eine Staatsintervention zugunsten von Arcandor fordern könnte.

Beide Veranstalter würden dadurch an Größe verlieren. Dies würde sich weniger beim Einkauf und bei der Produktentwiklung auswirken, die ja immer an nationale Vorlieben gebunden blieb. Aber bei EDV und bei Buchungssystemen würde möglicherweise die Stellung unabhängiger Dienstleister gestärkt. Diese Funktionen könnten weiterhin im gesamten europäischen Markt agieren. Es wäre sogar über modulare Platformen möglich, den Veranstaltern weiterhin eine Kontrolle des Vertiebes über „eigene“ Rservierungssysteme zu ermöglichen.

Es gibt kein zurück zum Status Quo Ante

Bittere Schlagzeilen zuhauf:

  • Welthandel bricht ein, damit auch das Frachtgeschäft der Fluggesellschaften(und Reedereien).
  • Flugzeuge werden stillgelegt
  • Der Kauf von neuen Flugzeugen wird storniert oder in die Länge gezogen

Schlimmer noch:

  • 20 000 000 Arbeiter in China haben ihren Job verloren.
  • Ein Schuldenberg weltweit von möglicherweise 2 000 000 000 000 Euro kann nicht bedient werden
  • Das System der Staatsfininzierung durch Bonds zeigt erste Schwächen.

Diese Weltwirtschaftskrise ist jetzt 18 Monate alt. Regierungen haben Tausende von Milliarden Euro auf das Problem geworfen, und doch wurde das Problem nicht gelößt. Es zeichnet sich ab, daß die US-Regierung sich vor die Wahl gestellt sehen wird, entweder die Bundesstaaten oder die Banken in Insolvenz gehen zu lassen.

Auch hier mehren sich die Anzeichen, daß die Nachfrage nach Staats-Schuldverschreibungen nicht unbegrenzt ist, und daß relativ finanzschwache Bundesländer und Gemeinden Probleme bekommen können, sich Geld zu leihen. Für Krankenkassen hat sich die Bundesregierung schon genötigt gesehen, einen ‚Schutzschirm‘ aufzustellen

Wie lange soll und kann das so weiter gehen?

Meine Meinung: Dies wird solange weitergehen, wie jeder glaubt, daß es sich um eine Finanzkrise handele, die nun auf die ‚Real‘-Wirtschaft abgestrahlt habe. In Wirklichkeit ist es aber so, daß die Schuldenberge eine zwingende Folge von weltwirtschaftlichen Ungleichgewichten sind:
Das internationale Zahlungssstem ist ein Null-Summen-Spiel. Jeder Leistungsbilanzüberschuß bedeuted zwingend, daß an anderer Stelle ein Leistungsbilanzdefizit stehen muß. Dieses muß in irgendeiner Form durch Transfers ausgeglichen werden, sei es durch Kredite oder durch Kapitalinvestitionen des Überschußlandes im Defizitland. Diese Transfers wurden durch die Banken über die Jahrzehnte organisiert. In den letzten Jahren, als die Situation schon angespannt wurde, auch mit fragwürdigen Methoden und Bilanztricks, z.B. indem man Kredite vergeben hat, von denen man wußte, daß sie mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht bedient werden können, oder indem man Sicherheiten zu hoch bewertet hat.
Dies ist nicht geschehen, weil die Banken Geld verbrennen wollten, sondern weil sie Milliarden von Euros anlegen mußten, um die ‚Real‘-Wirtschaft am Lauifen zu halten. Andernfalls wäre schon früher das passiert, was jetzt auch passiert.

Hör auf zu graben, wenn Du in einem Loch festsitzt

Solange die Regierungen versuchen ein Weltwirtschaftssystem, das aus dem Gleichgewicht gefallen ist, mit neuen Schulden zu stabilisieren, wird die Krise weitergehen.
Wir in Europa und USA haben viele Dinge gekauft, nicht weil sie unser Leben besser gemacht hätten, sondern weil sie billig waren. Hier ein Taschenrechner, da ein neues Mobiltelefon. Eine Mütze mit Blinklichtern (es lebe der Elektro-Smog). Ein Wochenendflug für 30 Euro. Autos, die eine mögliche Laufleistung von 500 000 Kilometern haben, werden nach 200 000 Kilometern verschrottet (jetzt mit staatlicher Prämie).

Aufgabe der Finanzmärkte: Die optimale Nutzung der vorhandenen Resourcen einer Gesellschaft oder der Menscheit zu organisieren

Die Finanzmärkte haben versagt. Aber nicht, weil sie zu gierig waren, sondern weil sie zu feige waren, sich den Regierungen gegenüber durchzusetzen. Die Banken hätten sich weigern sollen, ein verschwenderisches System mit fragwürdigen Tricks zu stabilisieren. Dann wäre uns diese Krise erspart geblieben. Die Resourcen, die hier mit hochwertigen, aber kaum genutzten Produkten oder Dienstleistungen verbrannt werden, hätten auch produktiv verwendet werden können:

Eine produktive Nutzung der Resourcen ist möglich:

  • Ich habe noch nicht gehört, daß eine von den Mikro-Kredit-Banken in Bangladesh oder Afrika vor dem Konkurs steht, weil ihre Kredite nicht bedient werden.
  • Es gibt massive Investitions- und Profitmöglichkeiten, wenn man Land durch Bewässerungsprojekte zum Pflanzenbau nutzbar macht, sei es für die menschliche Ernährung oder zur Energiergewinnung.
  • Menschliche Resourcen könnten in unglaublichem Ausmaß erschlossen werden, indem man auch den bildungshungrigen Menschen in ärmeren Ländern eine Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ermöglicht.

Aber alle diese Punkte haben eine Gemeinsamkeit: Durch Sie wird der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Aktivität von Europa weg verlagert.
Dennoch: Es ist die Aufgabe der Finanzinstitutionen, für eine optimale Nutzung der Resourcen in dieser Welt zu sorgen. Wenn sie das nicht tun, haben sie verdient, in Insolvenz zu gehen. Und wenn Regierungen versuchen, diesen Prozess zu behindern, haben sie auch verdient, in Insolvenz zu gehen.
Selbst wenn viele glauben, die Berliner Regierung könne unbegrenzt Schulden machen, hat ihr Finanzminister bereits festgestellt, daß dem nicht so ist.

Sobald die Regierungen Deutschlands, der USA etc aufhören mit dem Versuch, ein Weltwirtschafts-System zu stabilisieren, das nicht mehr stabilisiert werden kann, wird das Kartenhaus zusammenbrechen. Und danach ist ein Neuanfang möglich, der wieder Wohlstand, aber auf einer breiteren Basis, schafft.