Dubai World ist nicht Lehman

Die Entscheidung von Dubai World, seine Kredite nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzuzahlen, folgte nach aller Logik nach der Weigerung der involvierten Banken und Staaten, die fälligen Bonds geräuschlos zu verlängern.
In meinen Augen ist dies jedoch nicht Ausdruck der Finanzkrise selbst. Die Geldgeber hätten die Kredite verlängern können, wenn sie dies für richtig gehalten hätten. Im Gegensatz dazu gab es bei Lehman niemand, der in der Lage gewesen wäre, der Bank so viel Geld zu leihen, wie diese brauchte. Es war noch zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs nicht einmal abschätzbar, wie viel Geld Lehmann überhaupt gebraucht hätte. Bei Dubai World geht es in erster Linie darum, daß das Projekt Dubai in Frage gestellt wird.

  1. Ist es wirklich sinnvoll, in eine Umgebung mit 40 Grad Celsius Wintersport anzubieten?
  2. Kann man davon ausgehen, daß Touristen aus Europa bei wachsender Arbeitslosigkeit und mittelfristig steigenden Steuern dafür noch Geld ausgeben wollen und können?
  3. Muss ein Finanzzentrum in der Wüste liegen, wo man alles Wasser durch Entsalzung aus dem Meer gewinnen muss, und Unmengen von Energie zur Klimatisierung von Büros und Rechenzentren braucht?

Solche Fragen bewirken eine Struktur-Anpassung. Der Rückzug der US-Armee aus dem Irak, und tendenziell aus dem Mittleren Osten, nimmt der Mischung aus Finanzplatz und Urlaubsziel eine weitere Rechtfertigung. Das Projekt wird nicht mehr als Tummelplatz aller möglichen Geheimdienste und als unverfänglicher Rahmen für sensible Kontakte gebraucht.

Es ist also logisch, daß über die Zukunft Dubais neu nachgedacht wird. Dies ist Teil der Strukturanpassungen in der Weltwirtschaft, von denen wir in den nächsten Jahren noch mehr sehen werden. Man wird abwarten müssen, was mit ähnlichen, wenn auch kleineren und nicht so aufwendigen Projekten zum Beispiel in Ägypten geschieht.
Für die Reisebranche in Deutschland stellt sich die Frage ähnlich: Ist der von der GFK ausgegebene Slogan „Edaka statt Ibiza“ von Dauer? Werden die Deutschen in Zukunft weniger oder anders reisen? Oder ist dieses Verhalten kurzfristig, und vor allem von den Megaphonen bestimmt, die allerorten „Schweinegrippe“ brüllen ? Im nächsten Sommer werden wir das genauer wissen.

Neue Strategien europäischer Reiseveranstalter

Langsam zeichnet sich eine Neustrukturierung am deutschen und europäischen Pauschalreise-Markt ab:

  • TUI übergibt den Kurzstreckentei von TUIfly an Air Berlin, behält aber die Langstreckendienste, die dem Marktführer in Deutschland eine Zugangskontrolle zu bestimmten Reisezielen erlauben.
  • TUI versucht laut Financial Times vom 20.April den Deutschen Arm wieder von Deutschland aus zu steuern.
  • Mit dem sich abzeichnenden Kapitalbedarf bei Arcandor stellt sich auch die Frage nach dem Schicksal der der Arcandor-Tochter Thomas Cook. Es wäre durchaus vorstellbar, daß Arcandor entweder Anteile an Thomas Cook verkaufen muß, oder daß auch hier die Integration der deutschen Operation in die britische Thomas Cook PLC in Frage gestellt wird. Das könnte auch ein ploitischer Preis sein, den eine zunehmend wirtschafts-nationalistische Berliner Regierung für eine Staatsintervention zugunsten von Arcandor fordern könnte.

Beide Veranstalter würden dadurch an Größe verlieren. Dies würde sich weniger beim Einkauf und bei der Produktentwiklung auswirken, die ja immer an nationale Vorlieben gebunden blieb. Aber bei EDV und bei Buchungssystemen würde möglicherweise die Stellung unabhängiger Dienstleister gestärkt. Diese Funktionen könnten weiterhin im gesamten europäischen Markt agieren. Es wäre sogar über modulare Platformen möglich, den Veranstaltern weiterhin eine Kontrolle des Vertiebes über „eigene“ Rservierungssysteme zu ermöglichen.

Es gibt kein zurück zum Status Quo Ante

Bittere Schlagzeilen zuhauf:

  • Welthandel bricht ein, damit auch das Frachtgeschäft der Fluggesellschaften(und Reedereien).
  • Flugzeuge werden stillgelegt
  • Der Kauf von neuen Flugzeugen wird storniert oder in die Länge gezogen

Schlimmer noch:

  • 20 000 000 Arbeiter in China haben ihren Job verloren.
  • Ein Schuldenberg weltweit von möglicherweise 2 000 000 000 000 Euro kann nicht bedient werden
  • Das System der Staatsfininzierung durch Bonds zeigt erste Schwächen.

Diese Weltwirtschaftskrise ist jetzt 18 Monate alt. Regierungen haben Tausende von Milliarden Euro auf das Problem geworfen, und doch wurde das Problem nicht gelößt. Es zeichnet sich ab, daß die US-Regierung sich vor die Wahl gestellt sehen wird, entweder die Bundesstaaten oder die Banken in Insolvenz gehen zu lassen.

Auch hier mehren sich die Anzeichen, daß die Nachfrage nach Staats-Schuldverschreibungen nicht unbegrenzt ist, und daß relativ finanzschwache Bundesländer und Gemeinden Probleme bekommen können, sich Geld zu leihen. Für Krankenkassen hat sich die Bundesregierung schon genötigt gesehen, einen ‚Schutzschirm‘ aufzustellen

Wie lange soll und kann das so weiter gehen?

Meine Meinung: Dies wird solange weitergehen, wie jeder glaubt, daß es sich um eine Finanzkrise handele, die nun auf die ‚Real‘-Wirtschaft abgestrahlt habe. In Wirklichkeit ist es aber so, daß die Schuldenberge eine zwingende Folge von weltwirtschaftlichen Ungleichgewichten sind:
Das internationale Zahlungssstem ist ein Null-Summen-Spiel. Jeder Leistungsbilanzüberschuß bedeuted zwingend, daß an anderer Stelle ein Leistungsbilanzdefizit stehen muß. Dieses muß in irgendeiner Form durch Transfers ausgeglichen werden, sei es durch Kredite oder durch Kapitalinvestitionen des Überschußlandes im Defizitland. Diese Transfers wurden durch die Banken über die Jahrzehnte organisiert. In den letzten Jahren, als die Situation schon angespannt wurde, auch mit fragwürdigen Methoden und Bilanztricks, z.B. indem man Kredite vergeben hat, von denen man wußte, daß sie mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht bedient werden können, oder indem man Sicherheiten zu hoch bewertet hat.
Dies ist nicht geschehen, weil die Banken Geld verbrennen wollten, sondern weil sie Milliarden von Euros anlegen mußten, um die ‚Real‘-Wirtschaft am Lauifen zu halten. Andernfalls wäre schon früher das passiert, was jetzt auch passiert.

Hör auf zu graben, wenn Du in einem Loch festsitzt

Solange die Regierungen versuchen ein Weltwirtschaftssystem, das aus dem Gleichgewicht gefallen ist, mit neuen Schulden zu stabilisieren, wird die Krise weitergehen.
Wir in Europa und USA haben viele Dinge gekauft, nicht weil sie unser Leben besser gemacht hätten, sondern weil sie billig waren. Hier ein Taschenrechner, da ein neues Mobiltelefon. Eine Mütze mit Blinklichtern (es lebe der Elektro-Smog). Ein Wochenendflug für 30 Euro. Autos, die eine mögliche Laufleistung von 500 000 Kilometern haben, werden nach 200 000 Kilometern verschrottet (jetzt mit staatlicher Prämie).

Aufgabe der Finanzmärkte: Die optimale Nutzung der vorhandenen Resourcen einer Gesellschaft oder der Menscheit zu organisieren

Die Finanzmärkte haben versagt. Aber nicht, weil sie zu gierig waren, sondern weil sie zu feige waren, sich den Regierungen gegenüber durchzusetzen. Die Banken hätten sich weigern sollen, ein verschwenderisches System mit fragwürdigen Tricks zu stabilisieren. Dann wäre uns diese Krise erspart geblieben. Die Resourcen, die hier mit hochwertigen, aber kaum genutzten Produkten oder Dienstleistungen verbrannt werden, hätten auch produktiv verwendet werden können:

Eine produktive Nutzung der Resourcen ist möglich:

  • Ich habe noch nicht gehört, daß eine von den Mikro-Kredit-Banken in Bangladesh oder Afrika vor dem Konkurs steht, weil ihre Kredite nicht bedient werden.
  • Es gibt massive Investitions- und Profitmöglichkeiten, wenn man Land durch Bewässerungsprojekte zum Pflanzenbau nutzbar macht, sei es für die menschliche Ernährung oder zur Energiergewinnung.
  • Menschliche Resourcen könnten in unglaublichem Ausmaß erschlossen werden, indem man auch den bildungshungrigen Menschen in ärmeren Ländern eine Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ermöglicht.

Aber alle diese Punkte haben eine Gemeinsamkeit: Durch Sie wird der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Aktivität von Europa weg verlagert.
Dennoch: Es ist die Aufgabe der Finanzinstitutionen, für eine optimale Nutzung der Resourcen in dieser Welt zu sorgen. Wenn sie das nicht tun, haben sie verdient, in Insolvenz zu gehen. Und wenn Regierungen versuchen, diesen Prozess zu behindern, haben sie auch verdient, in Insolvenz zu gehen.
Selbst wenn viele glauben, die Berliner Regierung könne unbegrenzt Schulden machen, hat ihr Finanzminister bereits festgestellt, daß dem nicht so ist.

Sobald die Regierungen Deutschlands, der USA etc aufhören mit dem Versuch, ein Weltwirtschafts-System zu stabilisieren, das nicht mehr stabilisiert werden kann, wird das Kartenhaus zusammenbrechen. Und danach ist ein Neuanfang möglich, der wieder Wohlstand, aber auf einer breiteren Basis, schafft.

Finanzkrise und Airline Industrie

Fluggesellschaften sind abhängig vom Finanzmarkt
Fluggesellschaften haben einen hohen Anteil an Kapitalkosten. Der Verlauf der Finanzkrise hat sicherlich Auswirkungen auf die Kapitalkosten der Branche, sei es in Form von Leasing-Raten oder Zinsen.
Ein anderer Aspekt der Finanzkrise, die Preise für den US-Dollars und das Öl, hat weitere Auswirkungen auf die Airline-Industrie. Ein fallender Ölpreis reduziert die Kosten, und ein fallender Euro stärkt die Position europäischer Fluggesellschaften im Dollar-Raum.
Der wichtigste Aspekt ist aber, daß die Airline-Industrie auf die Finanzwelt angewiesen ist, um sich gegen Schwankungen des Ölpreises und der Wechselkurse von Währungen anzusichern. Dazu wird ein System aus Derivaten (Futures, Optionen und andere Zertifikate) genutzt, dessen Existenz jetzt in Frage steht.

Vorgeschichte
Die internationale Finanzkrise wird in der Diskussion in Deutschland so behandelt, als sei die einzige Ursache die Krise des US-Immobilienmarktes und der damit verbundene Zusammenbruch des Marktes für Hypotheken und Papieren, die ihren Wert aus Forderungen an Hauseigentümer in den USA herleiten.
Die Hypotheken-Krise in USA ist jetzt über ein Jahr alt. Sie hat zwar zu Milliardenverlusten bei Banken und Verischerungen, und auch zu einer massiven Schwächung der Bilanzen in der Finanzindustrie geführt, aber nicht zu einem Zusammenbruch des Systemes.

Zusammenbruch von Lehman Brothers und AIG
Was ist genau passiert? Lehman Brothers ist an jenem 15.September nicht gescheitert, weil nach einer Abschreibung auf Hypotheken-Kredite oder deren Derivate die Eigenkapitalquote zu gering geworden wäre. Das wäre zum Quartalsende geschehen, und eine Lösung eines solchen Problems hätte bis zum Quartalsende Zeit gehabt.
Vielmehr war eine Zahlung auf ein Absicherungesgeschäft fällig geworden, und Lehman hatte weder das Cash, diese Zahlung zu leisten, noch die Fähigkeit, sich dieses Geld bei anderen Banken zu leihen (Dies wegen der geschwächten Bilanz und undurchsichtiger Risikopositionen). Ich vermute, daß es sich um eine Wette gegen den Dollar gehandelt hat. Dies entnehme ich der Information, daß zu diesem Zeitpunkt eine Zahlung in Höhe von ca 350 Mio Euro von der KFW an Lehmanns fällig geworden war, und auch bezahlt wurde, deren Ursprung nach Presseberichten eine Währungsspekulation war.
Aber auch der Rückgang des Ölpreises innerhalb von 6 Wochen um ca 50 Dollar pro Faß könnte der Hintergrund für die fällige Zahlung gewesen sein.

Risiko-Management ohne Glaubwürdigkeit?
Risikoabsicherungen haben nur dann einen Wert, wenn sie glaubwürdig sind. Wenn nun, wie bei Lehman, ein großer Player auf diesem Markt seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, und ein noch größerer Marktteilnehmer, nämlich AIG, dadurch so in Mitleidenschaft gezogen wird, daß er nur noch durch einen massiven staatlichen Eingriff am Leben gehalten werden kann, dann ist das System der Risikoabsicherung nicht mehr funktionsfähig.

Interbankenmarkt funktioniert nicht mehr
Das Handelsblatt berichtet am 01.10.2008:

    Wie heikel die Lage tatsächlich ist, zeigen die täglich von der EZB bekanntgegebenen Zahlen. So parkten die Banken über Nacht bei der EZB 44,4 Mrd. Euro – so viel wie noch niemals zuvor seit der Einführung des Euros vor fast zehn Jahren. Dabei handelte es sich um Geld, das die Banken nicht benötigten, es aber auch nicht einer anderen Bank leihen wollten. In normalen Zeiten belief sich das Volumen hier meist auf einen unteren dreistelligen Millionenbetrag.

    Auch die Zinssätze für Übernachtkredite in Dollar sprangen auf Rekordhöhe. Der Zinssatz, den Banken sich untereinander für diese Kredite berechnen (Libor), kletterte in London auf ein Allzeithoch von 6,88 Prozent. Die EZB versuchte gegenzusteuern und schrieb einen Dollar-Tender mit einer Laufzeit von einem Tag über 30 Mrd. Dollar aus. Ergebnis: Er war hoffnungslos überboten und wurde zum Rekord-Zinssatz von elf Prozent zugeteilt. Wegen der extremen Knappheit von Dollar-Liquidität versuchten ausländische Banken, sich Dollar am Devisenmarkt zu besorgen. Der Kurs des Euros sackte deswegen um vier Cent ab.

Quelle:Rettet den Rettungsplan! (bei Handelsblatt.com am 01.10.2008 veröffentlicht)
Dieser Abschnitt enthält drei Informationen:

  1. Die Banken schätzen selbst Kredite über Nacht an Ihre Partnerbanken als risikoreich ein.
  2. Liquidität in Euro ist genügend vorhanden
  3. Liquidität in Dollar ist äußerst knapp

Daß die Banken sich gegenseitig als hohe Risiken einschätzen, hat vermutlich weniger damit zu tun, daß sich die Akteure gegenseitg nicht mehr trauen. Diese Menschen arbeiten zum Teil schon seit Jahrzehnten zusammen, und sie wissen, daß sie aus diesem Strudel nur heil herauskommen können, wenn sie zusammenarbeiten und sich nicht gegenseitig belügen. Vielmehr ist das Problem, daß sie ihre eigene reale Risikoposition nicht mehr kennen, und wissen, daß es ihren Partnern genauso geht. Die Risikopositionen sind mit komplizierten Hedges genau eingestellt worden, mit Verpflichtungen, die Eingegangen wurden, und mit Versprechungen, die entgegengenommen wurden. Wenn nun nicht mehr klar ist, daß der Partner die Versprechungen, die er in Form von Zertifikaten gemacht hat, einhalten kann, ist auch die eigene Fähigkeit, eingegangene Verpflichtungen zu bedienen, in Frage gestellt. Und umgekehrt. Daher der hohe Libor.
Die Tatsache, daß Liquidität in Euro so reichlich vorhanden ist, daß die Banken mehr als 44 Milliarden Euro bei der EZB über Nacht quasi zinslos parken, zeigt zunächst einmal, daß die EZB das Liquiditätsproblem der Banken nicht lösen kann, nicht mit mehr Liquidität, und auch nicht mit niedrigeren Zinsen, denn im Prinzip ist ja Liquidität zum Zinssatz von Null vorhanden.
Aber aus Punkt 2 und 3 schreit die Frage, warum die Banken nicht zu 6% Euros leihen, dafür Dollars kaufen und diese für 11% verleihen. Meine Vermutung ist: Der hohe Bedarf an Dollar entsteht durch absehbare fällige Zahlungen auf Wetten auf einen fallenden Dollar und steigende Ölpreise. Wenn die betroffenen Banken jetzt Dollars kaufen, wird das den Preis des Dollars weiter steigen lassen, und damit auch die fälligen Zahlungen und somit die Menge der benötigten Dollar weiter erhöhen.
Was die EZB tun könnte, wäre dem Markt weitere Dollars – so sie diese hat – zur Verfügung zu stellen, oder sich bei der FED Dollars leihen, um diese dann den Banken im Euroraum zur Verfügung zu stellen. Dies würde aber das Eingeständinis beinhalten, daß dies nicht eine Krise ist, die alleine durch die Gier der Amerikaner verschuldet wurde und deren unschuldige Opfer die Europäer sind. Und dieses Eingeständnis wird der EZB und den hinter ihr stehenden Regierungen schwerfallen.

Zwischenbilanz
Das gesagte in ein paar dürren Worten zusammengefaßt: Wir haben eine Situation mit einem unerwartet steigenden Dollarkurs, unter Erwartungen liegendem niedrigen und vielleicht noch (in Dollar) sinkenden Ölpreis, zusammen mit einem drohenden Kollaps der Risiko-Management-Systeme in den internationalen Finanzmärkten.

Das große Problem für die Airline Industrie ist der Zusammenbruch des Risiko-Managements
Das Risiko-Management ist auch bei den Fluggesellschaften von zentraler Bedeutung. Sie sind weltweit, oder jedenfalls in vielen Regionen tätig, und somit von Schwankungen in Wechelkursen, Rohstoffpreisen, Zinsniveaus und der allgemeinen wirschaftlichen Situation in den Ländern, die sie bedienen, abhängig.
Als kapitalintensive Industrie müssen sie aber langfristige Investitionsentscheidungen treffen. Ein heute gebautes Flugzeug fliegt 30 Jahre, und beinhaltes über diesen Zeitraum eine Wette auf das Zinsniveau, den Treibstoffpreis, die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die Reisefreudigkeit der Urlauber etc.
Diese Risiken werden von den Airlines mit verschiedenen Methoden an andere Marktteilnehmer weitergereicht. Dazu gehören Leasingverträge für Flugzeüge, Futures und Optionen und andere Zertifikate auf Kerosin und Währungen. Auf diese Weise erreichen die Airlines, daß sie sich auf ihr eigentliches Geschäft, nämlich die Beförderung von Passagieren und/oder Fracht mit Flugzeugen konzentrieren können.
Wenn nun ein Partner im Risiko-Management wegbricht, liegt dieses Risiko wieder – und diesmal unerwartet – bei der Airline. Wenn also die Leasinggesellschft, die der Airline das Zinsrisiko für ihre Flugzeuge abgenommen hat, zusammenbrechen würde, stände die Airline ohne die betreffenden Flugzeuge da, oder müßte diese möglicherweise aus der Konkursmasse der Leasingesellchaft kaufen und selbst – zu den aktuellen Bedingungen – finanzieren.
Ähnliche Probleme können entstehen, wenn eine Airline Finanzierungen hat, die an die Bedingung einer Absicherung gegen einen Zahlungsausfall geknüpft ist, und der Partner für diesen Credit Default Swap (CDS) ausfällt.
Auf diese Weise kann auch eine gesunde Airline, die nach allen Regeln der Kunst gehandelt hat, unerwartete Probleme bekommen.

Fallender Ölpreis
Der fallende Ölpreis ist für alle Fluggesellschaften gut, und spült ihnen unerwartete zusätzliche Gewinne in die Kassen. Es wird sich aber auf Dauer ein Druck entwickeln, die hohen Treibstoffzuschläge zu reduzieren. Möglicherweise werden manche Fluggesellschaften die Treibstoffzuschläge senken, aber die Basistarife erhöhen. Damit wird die Preisstruktur auch an die sinkenden variablen Kosten und die steigenden Fixkosten (z.B. Finanzierungskosten) angepaßt.

Steigender Dollar
Wie sich ein steigender Dollar oder ein einbrechender Euro auf einzelne Fluggesellschaften auswirken wird, ist weniger klar. Wenn eine Fluggesellschaft ihre Einnahmen hauptsächlich in Euro hat, was für die meisten regional in Europa agierenden Fluggesellschaften wie Ryanair und Air Berlin, aber auch für die Tourismusflieger wie Condor und Tuifly zutreffen dürfte, ist entscheidend, wieviele ihrer Zahlungsverpflichtungen in Euro, und wieviele in Dollar zu leisten sind.
Das hat wieder damit zu tun, in welcher Währung die Finanzierungsverträge für die Flugzeuge abgeschlossen sind, aber auch in welcher Währung für Ersatzteile und Wartung bezahlt werden muß. Wenn eine Gesellschaft ihre Hausaufgaben gemacht hat, hat sie die Währung der Zahlungsverpflichtungen aus der Finanzierung an die Währung ihrer Einnahmen angepaßt. Unter dem Vorbehalt, daß ihre Finanzierungspartner sicher stehen, hat sie dann keine Schwierigkeiten.

Auswirkungen auf die Nachfrage nach Flugleistungen
Die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die Nachfrage nach Flugleistungen könnte für verschiedene Marktsegmente durchaus verschieden sein:

  • Geschäftsreisen:
    Der fallende Euro-Kurs könnte die Nachfrage nach Geschäftsreisen stimulieren, da der Export von Investitionsgütern aus der Euro-Zone preisgünstiger wird. Und es gibt durchaus Exportmärkte, die in Dollar bezahlen und über die nötige Liquidität für Investitionen verfügen. Beispiele sind Länder des Mittleren Ostens, aber auch China und Indien. In diesen Ländern bleibt der Bedarf nach energiesparenden Investitionen hoch, selbst wenn der Ölpreis bis auf 80 Dollar pro Faß fallen sollte.
  • Urlaubsreisen:
    Wenn sich die Panik der Finanzmärkte auf den Arbeitsmarkt und die Stimmung der Konsumenten niederschlägt, werden viele sicherlich beim Urlaub sparen. Dies heißt aber nicht zwingend, daß sie auf eine Urlaubsreise verzichten. Aus einem 5-Sterne-Hotel könnte ein 4-Sterne-Hotel werden, und aus einer zweiwöchigen Urlaubsreise könnte eine Reisedauer von 10 Tagen werden. In beiden Fällen bliebe die Zahl der gebuchten Flüge gleich. Allerdings würde ein schwacher Euro vermutlich den Anteil der Fernreisen in den Dollar-Raum reduzieren und Reiseziele im Euro-Raum attraktiver machen. Im Gegenzug wäre aber auch ein Wachstum bei Urlaubsreisen aus dem asiatischen Raum nach Europa denkbar, wenn dieses nicht durch die Visapolitik der Schengen-Staaten blockiert wird.
  • Wochenend-Trips:
    Wochenend-Trips, die oft Shopping-Trips sind, werden in einem durch Rezessionsangst geprägten Klima sicherlich abnehmen. Man kann leicht darauf verzichten, und am Wochenende statt in Mallorca auch zuhause joggen oder schwimmen gehen, statt in Paris oder London auch in Frankfurt oder Paderborn einkaufen.

Zusammenfassung
Die Fluggesellschften sind insbesondere beim Risiko-Management und bei der Finanzierung der Flugzeuge auf die Finanz-Industrie angewiesen. Die Auswirkungen eines Zusammenbruchs der Riskio-Management-Systeme der Finanzindustrie hätte Folgen, die für die einzelnen Airlines durchaus unterschiedlich wären, und die im einzelnen nicht kalkulierbar sind.

Ein mit der Finanzkrise einhergehender Konjunktur-Einbruch wird sich besonders auf das Segment der Freizeitflieger auswirken, und hier wiederum besonders auf Anbieter von sehr preisgünstigen Flügen, die viele Kunden bisher eher aus einer Laune heraus und nicht unbedingt wegen eines wirklichen Bedarfes gebucht haben.



Dieser Artikel wurde von Johannes Stockburger auf http://www.JohannesStockburger.com veröffentlicht. Sie können diesen Artikel offline und online weiter verbreiten. Bedingung ist jedoch, daß Sie den Inhalt nicht verändern (außer von Verbesserungen der bei mir unvermeidlichen Rechtchreibefehler) und diese Quellenangabe intakt lassen. Bei einer Online-Nutzung des Artikels ist eine weitere Bedingung, daß Sie einen Link auf http://www.JohannesStockburger.com setzen.

Reiseveranstalter im Zeitalter des Internet

Ist das Geschäftsmodell der Reiseveranstalter obsolet?

Wie wirkt sich das Internet auf das das Geschäftsmodell der Reiseveranstalter in Deutschland aus? Um das zu klären, möchte ich zunächst einige Worte zum traditionellen Geschäftsmodell der Reiseveranstalter, vor der Zeit des Internets, verlieren.

Massiver Geldsegen für Reiseveranstalter durch Zugangskontrolle zum Urlaubsgebiet

Reiseveranstalter waren die einzige Brücke zwischen dem Urlauber und dem Anbieter touristischer Dienstleistungen in den Urlaubsgebieten, die weder mit dem Auto noch mit der Bahn erreichbar waren. Sie konnten den Marktzugang für die Urlaubsgebiete regulieren, und ohne TUI & CO kam auch niemand zu einem vernünftigen Preis und ohne Umsteigen nach Mallorca, Tobago oder auch Mombasa. Weder der Urlauber noch die Zielregionen kamen am Reiseveranstalter vorbei. Dieser war in einer enorm starken Position, wenn es darum ging, Rabatte bei Hotels auszuhandeln, und er hatte keine Veranlassung, diese Rabatte an den Endkunden weiterzugeben, denn der Kunde wäre ohne einen Reiseveranstalter mit seine Charterflugzeugen nicht zum Hotel gekommen.

Aufgeblähter Vertrieb

Reiseveranstalter nutzten den Geldsegen, der sich aus ihrer strategischen Position ergab, um ein aufwendiges Vertriebssystem mit dicken Provisionen für Reisebüros, üppigen Katalogen auf Hochglanzpapier in hohen Auflagen und teurer Werbung auf Plakaten und im Fernsehen aufzubauen. Alle waren glücklich. Der Urlauber kam in die weite Welt hinaus, in den Zielgebieten wurden die Hotels gefüllt, und die Reiseindustrie erfreute sich an einem Geldsegen, der seinesgleichen suchte.

Billigflieger brechen das Oligopol

Und nun kam das Internet daher. Es ermöglichte dem Reiseveranstalter und dem Reisebüro eine unglaubliche Vereinfachung der Kommunikation durch internet-basierte Reservierungssysteme. Aber es ermöglichte auch den Leistungsträgern in den Feriengebieten am Reiseveranstalter vorbei ihre Produkte direkt dem Kunden anzubieten. Das taten zuerst die Fluggesellschaften. Firmen wie Ryanair und Air Berlin bringen heute den Urlauber in die Feriengebiete zumindest rund ums Mittelmeer, ohne den Reiseveranstalter um Erlaubnis zu fragen.

Euro und Kreditkarten

Diese Entwicklung wurde durch die Einführung des Euro verstärkt. Durch das Internet wurde es außerdem möglich, daß praktisch jeder eine Kreditkarte bekommen kann. Damit steht nun ein internationales Zahlungsmittel zur Verfügung, mit dem der Kunde dem Hotel und der Mietwagenfirma an seinem Urlaubsziel zumindest die Stornogebühr garantieren konnte. Mit der Gatekeeper-Funktion der Reiseveranstalter ist es nun vorbei.

Expedia & co

Hinzu kamen neue Anbieter für Pauschalreisen, wie z.B. Expedia, die das Internet auch zur Kommunikation mit dem Endkunden nutzten, aber anders als die traditionelle Reiseveranstalter keinen aufgeblähten Vertrieb hatten, und somit einen enormen Kostenvorteil gegenüber dem herkömmlichen Reisevertrieb ausspielen konnte.

Ungeahnte Markt-Transparenz

Eine Reise ist doch ein recht kompliziertes Produkt, und so kann ein persönliches Gespräch zwischen dem Kunden und dem Verkäufer durchaus den Unterschied zwischen einem gelungenen Urlaub und einem Alptraum ausmachen. Daher hatten die Internet-Reiseveranstalter nur mäßigen Erfolg. Aber allein Ihre Anwesenheit bewirkte, daß insbesondere Reisebüros Ihre Angebote auch ins Netz stellen mußten, und sei es nur um der Behauptung eines Reise-Anbieters im Internet, es sei bei sofortiger Buchung nachts um halb drei um 10% günstiger als das Reisebüro, Lügen zu strafen, bevor die Buchung gemacht war. Also kamen Datebanken auf den Markt, über die ein Großteil des Inhalts der vorher internen Buchungs-Systeme veröffentlicht wurde. Dies führte zu einer Standardisierung der Reiseangebote und zu einem massiven Preisdruck, da ein Kunde bei zwei Angeboten für Reisen am selben Tag ins selbe Hotel mit derselben Zimmerkategorie natürlich den Reiseveranstalter auswählt, der, sei es auch nur um 10 Euro, preisgünstiger ist.

Hohe Verluste: Zwang zur Veränderung

Die fetten Jahre der Reiseindustrie waren somit vorbei. Reiseveranstalter kürzten die Provisionen der Reisebüros massiv, und machten in manchen Jahren dennoch sehr hohe Verluste. Sie versuchten Ihre Produkte selbst über das Internet direkt an den Kunden zu bringen, und brachten damit den Vertrieb massiv gegen sich auf. Gleichzeitig hatten Reisebüros nun viel mehr Möglichkeiten, eigene Produkte wie Gruppenreisen anzubieten, da sie ja nun bei den Flügen nicht mehr auf die Duldung der großen Reiseveranstalter angewiesen waren. Das war der Stand der Dinge etwa im Jahr 2006.

Hohe Ölpreise mischen Airlines auf

Danach hat eine massive Erhöhung der Ölpreise zu einem neuen Kostenschub speziell bei den Fluggesellschaften geführt. Es gibt eine Markt-Konsolidierung bei den Airlines, und es ist noch nicht abzusehen, wie der Markt für Flugreisen in ein oder zwei Jahren aussehen wird. Man kann aber annehmen, daß Strecken stillgelegt werden, und die Ferienflieger nicht mehr bereit sein werden, das Risiko für Flüge in manche Urlaubsgebiete alleine zu übernehmen. Dadurch wird Urlaub abseits der großen Flughäfen, die auch leicht mit Linienflügen erreichbar sind, wieder sehr viel teurer werden. Und es ist durchaus wahrscheinlich, daß für diese Reiseziele echte Charterflüge wieder wichtig werden, und manche Reiseveranstalter einen Teil ihrer Kontrolle über den Marktzugang wieder zurückbekommen.

Neue Marktsegmente: Neue Chancen

Eine große Zahl von preissensiblen Urlaubern werden sich jedoch notgedrungen in ihren Reisezielen umorientieren müssen. Diese werden dann statt in Kenia Urlaub zu machen, nach Dubai fliegen. Statt eines kleinen Gästehauses auf einer griechischen Insel wird es ein Hotel werden, das vom internationalen Flughafen in Tunis aus erreichbar ist.
Bei diesen Destinationen werden sich Reiseveranstalter und Reisebüros einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt sehen, denn hier kann der Kunde ganz ohne Reisevertrieb auskommen. Er kann den Flug direkt bei der Airline buchen, vollautomatisch mit minimalen Prozeßkosten für die Airline. Das Hotel kann er über das Internet reservieren. Urlauber, die nur Flug, Strand und Hotel suchen, Hauptsache weg vom Alltag, werden in einigen Jahren weder Reisebüro noch Reiseveranstalter benötigen.