Dubai World ist nicht Lehman

Die Entscheidung von Dubai World, seine Kredite nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzuzahlen, folgte nach aller Logik nach der Weigerung der involvierten Banken und Staaten, die fälligen Bonds geräuschlos zu verlängern.
In meinen Augen ist dies jedoch nicht Ausdruck der Finanzkrise selbst. Die Geldgeber hätten die Kredite verlängern können, wenn sie dies für richtig gehalten hätten. Im Gegensatz dazu gab es bei Lehman niemand, der in der Lage gewesen wäre, der Bank so viel Geld zu leihen, wie diese brauchte. Es war noch zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs nicht einmal abschätzbar, wie viel Geld Lehmann überhaupt gebraucht hätte. Bei Dubai World geht es in erster Linie darum, daß das Projekt Dubai in Frage gestellt wird.

  1. Ist es wirklich sinnvoll, in eine Umgebung mit 40 Grad Celsius Wintersport anzubieten?
  2. Kann man davon ausgehen, daß Touristen aus Europa bei wachsender Arbeitslosigkeit und mittelfristig steigenden Steuern dafür noch Geld ausgeben wollen und können?
  3. Muss ein Finanzzentrum in der Wüste liegen, wo man alles Wasser durch Entsalzung aus dem Meer gewinnen muss, und Unmengen von Energie zur Klimatisierung von Büros und Rechenzentren braucht?

Solche Fragen bewirken eine Struktur-Anpassung. Der Rückzug der US-Armee aus dem Irak, und tendenziell aus dem Mittleren Osten, nimmt der Mischung aus Finanzplatz und Urlaubsziel eine weitere Rechtfertigung. Das Projekt wird nicht mehr als Tummelplatz aller möglichen Geheimdienste und als unverfänglicher Rahmen für sensible Kontakte gebraucht.

Es ist also logisch, daß über die Zukunft Dubais neu nachgedacht wird. Dies ist Teil der Strukturanpassungen in der Weltwirtschaft, von denen wir in den nächsten Jahren noch mehr sehen werden. Man wird abwarten müssen, was mit ähnlichen, wenn auch kleineren und nicht so aufwendigen Projekten zum Beispiel in Ägypten geschieht.
Für die Reisebranche in Deutschland stellt sich die Frage ähnlich: Ist der von der GFK ausgegebene Slogan „Edaka statt Ibiza“ von Dauer? Werden die Deutschen in Zukunft weniger oder anders reisen? Oder ist dieses Verhalten kurzfristig, und vor allem von den Megaphonen bestimmt, die allerorten „Schweinegrippe“ brüllen ? Im nächsten Sommer werden wir das genauer wissen.

ADD und Texter – ein Lacher?

Meine Schwester, die Logopädin ist, würde diese Frage zwar nicht aussprechen. Aber denken.

Zwei Antworten:

  1. Vor dem Schreiben kommt das Denken. (So sollte das jedenfalls sein.) Und ADD ist, wenn man richtig damit umgeht, beim Denken eine Stärke. Man „tickt“ ein bisschen anders, und sieht deshalb Dinge und Zusammenhänge, die andere nicht sehen.
  2. Es gibt Spell-Checker, die mittlerweile gut funktionieren. Als ADDler muss man vielleicht den eigenen Text einige Stunden liegen lassen, bevor man ihn ein zweites oder drittes Mal korrigiert, sonst sieht man viele Fehler einfach nicht.

Neue Phase der Wirtschaftskrise

Die Wirtschaftskrise hat eine neue Phase erreicht:
Die Milliardenversluste der Banken waren bisher mit keinem aktuellen negativen Cashflow verbunden. Vielmehr handelte es sich darum, anzuerkennen, daß vergossene Milch vergossen war. Dadurch konnte die Regierung auch leicht verschiedenen Banken 10 oder auch 80 Milliarden Euro geben, die sie nicht hatte. Es ging in Wirklichkeit darum, die Bilanzen zu verschönern.
Beispiel: Die Regierung gibt einer Bank sagen wir 10 Milliarden Euro Eigenkapitalhilfe. Die Bank benutzt das Geld sofort, um damit Bundesanleihen zu kaufen. Unter dem Strich ist aber kein geld geflossen, denn die Bank hat jetzt 10 Milliarden Euro Eigenkapital zusätzlich, angelegt in angeblich risikolosen Bundesanleihen. Diese können voll auf die vorgeschriebene Sicherheitsreserve der Banken in Höhe von mindestens 4% der Bilanzsumme angerechnet werden. Die Bankenaufsicht nimmts erfreut zur Kenntniss.

Das ist, was war. Aber jetzt kommt eine neue Welt. Ein Industriebetrieb wie Opel oder ein Handelsbetrieb wie Arcandor macht Verluste. Das sind dann jeden Tag Millionen von Euro, die tatsächlich den besitzer wechseln, und für die eine Kreditlinie in Anspruch genommen wird. Für die Bank bedeutet das: Geld aus der sichersten Anlageform, nämlich Cash, wird in einen riskanten Kredit für ein Unternehmen mit fragwürdiger Zukunft verwandelt. Dieses Geld steht somit nicht mehr für die Risiko-Reserve zur Verfügung, und gleichzeitig ist die Bank einem höheren Risiko ausgesetzt.

Wenn nun viele Frimen gleichzeitig auf ihnen vertraglich zugesicherten Kreditlinien zurückgreifen, kann es passieren, daß die Sicherheits-Reserve einer Bank wie ein Stück Eis in der Tropensonne wegschmilzt, obwohl die Bank in diesem Moment genau genommen keinen Verlust macht. Im Extremfall entsteht massiver Abfluß aus der Sicherheitseserve der Bank. Dieser fällt im Rahmen des täglichen Zahlungsverkehrs an. Es besteht dann der große Anreiz, daß Banken den Zahlungsverker verlangsamen. Eine Überweisung dauert dann wieder 7 Tage, anstatt der bisher üblichen zwei Tagen. In der Zwischenzeit sichert sich die eine oder andere Bank den notwendigen Level ihrer Sicherheits-Reserve mit dem Geld, das überwiesen werden soll.
Damit wird auch wird das notwendige Vertrauen erschüttert. Was passiert, wenn ein Kunde mit einer Überweisung eine Rechnung bezahlt hat, das Geld aber nicht angekommen, weil eine Bank, die das Geld einen Tag zwischengelagert hat, just an jenem Tag von der Bankenaufsicht geschlossen wird? Und wie verhält sich eine Bank, die solches von ihrer Partnerbank befürchtet?

Bankaufseher setzen WestLB-Eigner unter Druck (bei Handelsblatt.com am 09.06.2009 veröffentlicht)

Ausblick: Nach der Krise

Auch wenn wir noch lange mit den Folgen dieser Finanzkrise zu kämpfen haben werden, kann man doch schon das eine oder andere über die Welt danach sagen:

  • Die Papierwährungen Euro und Dollar werden zwar als Verrechnungseinheit weiter existieren, haben sich aber als Wertspeicher gründlich diskreditiert.
  • Der Mythos, daß Staatsanleihen, wenigstens der USA und Deutschlands, risikolose Vermögensanlagen seien, wurde als Mythos enttarnt.

Papiergeld verliert an Vertrauen
Papierwährungen können kein universaler Wertspeicher mehr sein, weil sich herausgestellt hat, daß die Regierungen und Zentralbanken die Möglichkeit haben, den Wert der Währungen massiv zu manipulieren, und dies im Zweifelsfall auch tun, wenn ein politisches Ziel nur wichtig genug ist.
Ich sage nicht, daß es falsch war, daß die Regierungen wenigstens die grundsätzlichen Funktionen des Bankensystems durch massive Manipulationen abgesichert haben. Aber es hat doch zu einem politschen „pick the winner“ geführt. (Und zur Bestrafung derer, die diese staatlichen Zuwendungen an ihre Konkurrenz mit ihren Steuern bezahlen müssen.)

Dramatische Verluste mit angeblich risikolosen Geldanlagen
Viele Menschen haben durch diese Aktionen wichtige Ersparnisse verloren. Das trifft insbesondere jene, die bei ihrer Altersvorsorge massiv auf langfristige Staatsanleihen gesetzt haben. Mit den bald notwendig werdenden Zinserhöhungen, und mit der fast unvermeidlichen Inflation (wegen der massiven Geldschöpfung in Europa und USA) werden diese Papiere noch viel mehr von ihrem Wert verlieren.

Keine langsfristigen Kreditfinanzierungen
Wenn aber der tatsächliche Wert eines Dollars oder eines Euros in 10 Jahren nicht mehr vorhersehbar ist, wird auch eine Kreditfinanzierung über einen solchen Zeitraum so gut wie unmöglich. Wer verleiht schon seine Ressourcen, wenn er nicht den Wert dessen abschätzen kann, was er zurück bekommt.

Eigenkapital und Cash Flow
Das bedeutet für Unternehmen, groß oder klein, daß Eigenkapital-Finanzierung sehr viel wichtiger wird, und daß jeder seinen Cash-Flow mit Agurs-Augen überwachen wird.
Übersetzt in die Touristik bedeutet dies, daß Yield Managment Konzepte sich noch viel weiter ausbreiten werden, insbesondere auch bei Hotels. (Bei Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen geht es bereits jetzt nicht mehr ohne Yield Management Systeme). Damit wird das System der Vermarktung über Kataloge mit Preisen, die bereits im Vorjahr je nach Gespür des Produktmanagers vorgegeben wurden, noch mehr in Frage gestellt.

Der Staat verliert an finanzieller Macht
Ähnliches trifft auch für den Staat zu. Die Regierungen werden nicht mehr beliebig viel Geld von den Finanzmärkten bekommen. Sie müssen das Geld entweder drucken, oder als Steuern eintreiben. Drucken von Geld bewirkt mehr Inflation, höhere Zinsen (auch für die Regierung), eine Schwächung des Wechselkurses und damit höhere Einfuhrpreise. Geht eigentlich nicht.
Dann bleiben höhere Steuern. Wenn aber auch die Steuerzahler nur noch kurzfristige Kredite bekommen, wirken sich höhere Steuern direkt auf die Investitionsausgaben und damit auf das Wirtschaftswachstum negativ aus. So können höhere Steuern im Einzelfall sogar zu niedrigeren Staatseinnahmen führen. Damit wird klar, daß der finanzielle Handlungs-Spielraum des Staates in den nächsten Jahren deutlich eingeschränkt sein wird. (Mancher wird das begrüßen. Andere werden es bedauern, da jeder Euro zusätzliche Staatsausgabe ein Euro mehr Macht für Politiker ist)

Fazit:
Für die überschaubare Zukunft wird Cash Flow und Eigenkapital König sein. Das ergibt eine Prämie auf Flexibilität und kurze Entscheidungswege, die mehr im Mittelstand zuhause sind. Der Staat wird versuchen, soviel Steuern wie irgend möglich einzunehmen – und wird trotzdem zu Ausgaben oftmals nein sagen müssen.

Neue Strategien europäischer Reiseveranstalter

Langsam zeichnet sich eine Neustrukturierung am deutschen und europäischen Pauschalreise-Markt ab:

  • TUI übergibt den Kurzstreckentei von TUIfly an Air Berlin, behält aber die Langstreckendienste, die dem Marktführer in Deutschland eine Zugangskontrolle zu bestimmten Reisezielen erlauben.
  • TUI versucht laut Financial Times vom 20.April den Deutschen Arm wieder von Deutschland aus zu steuern.
  • Mit dem sich abzeichnenden Kapitalbedarf bei Arcandor stellt sich auch die Frage nach dem Schicksal der der Arcandor-Tochter Thomas Cook. Es wäre durchaus vorstellbar, daß Arcandor entweder Anteile an Thomas Cook verkaufen muß, oder daß auch hier die Integration der deutschen Operation in die britische Thomas Cook PLC in Frage gestellt wird. Das könnte auch ein ploitischer Preis sein, den eine zunehmend wirtschafts-nationalistische Berliner Regierung für eine Staatsintervention zugunsten von Arcandor fordern könnte.

Beide Veranstalter würden dadurch an Größe verlieren. Dies würde sich weniger beim Einkauf und bei der Produktentwiklung auswirken, die ja immer an nationale Vorlieben gebunden blieb. Aber bei EDV und bei Buchungssystemen würde möglicherweise die Stellung unabhängiger Dienstleister gestärkt. Diese Funktionen könnten weiterhin im gesamten europäischen Markt agieren. Es wäre sogar über modulare Platformen möglich, den Veranstaltern weiterhin eine Kontrolle des Vertiebes über „eigene“ Rservierungssysteme zu ermöglichen.