Ausblick auf Zweitausendsiebzehn

2017 oder das Ende des Westens

2017 könnte das Ende des Westens bedeuten. Es ist gut möglich, dass wir im Dezember 2017 zwei Westen haben, geführt von Angela Merkel respektive Donald Trump.

Geopolitik und Wirtschaftspolitik

Wirtschaft und Geopolitik sind heute stark verwoben. Die Wirtschaft ist gerade in der Europäischen Union mittlerweile enorm politisiert. Insbesondere Deutschland nutzt seine wirtschaftliche Macht und seine finanzielle Stärke, um Europa politisch zu dominieren.

Informelle Macht-Strukturen in der EU

Der Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs war ein wichtiges Entscheidungsgremium, ebenso die verschiedenen Ministerräte. Wir erleben aber immer öfter, dass die Berliner Regierung versucht, Entscheidungen vor den Ratssitzungen in kleinem Kreis festzuschreiben. Alle, die diesmal nicht eingeladen wurden, dürfen dann nur noch brav nicken.

Das Dublin-Abkommen wurde in einer Nacht von der deutschen Kanzlerin und dem damaligen österreichischen Kanzler in den Mülleimer befördert.

Das Schengen-Abkommen wurde in der Folge durch einseitige Erklärungen der Berliner und der Wiener Regierungen, dass man auf Dauer wieder Grenzkontrollen durchführen werde, zertrümmert. (Im 20. Jahrhundert hat sich die Praxis durchgesetzt, dass man Kriege nicht mehr erklärt, sondern führt. Im 21. Jahrhundert  wird diese Praxis insofern ausgeweitet, dass man Verträge nicht mehr kündigt, sondern schlicht zertrampelt.)

Auf diese Weise haben Merkel und ihre Kollegen die Institutionen der EU ihrer Substanz beraubt und  zur Fassade degradiert. Eine faire Ausbalancierung der Macht und demokratischen Kontrolle in Europa werden nur noch vorspiegelt.

Das „Genug“ der Briten

Nun hat die Bevölkerung des Vereinigten Königreiches entschieden, die EU zu verlassen. Die Menschen dort wollen sich politisch und ökonomisch nicht mehr unter Druck setzen lassen, und sie wollen das eigene Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Die Berliner Antwort: Man weigert sich, mit der Britischen Regierung überhaupt noch zu reden. Und, als ob das nicht genug wäre: man versucht auch noch, 26 weiteren in der EU verbleibenden  Regierungen das Gespräch mit der britischen Regierung zu verbieten.

Es gib nur eine einzige Parole, die alle 27 vor sich her stottern: „Den Menschen in England muss es nach Verlassen der EU schlechter gehen, als es ihnen innerhalb der EU gegangen wäre!“ Keiner sieht, dass dieses Verhalten in sich selbst schon ein Grund ist, die EU so schnell wie möglich zu verlassen.

Donald Trump

In der Zwischenzeit haben die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Gott und die Welt haben ihr Entsetzen über die Wahl von Donald Trump geäußert. Unser künftiger Präsident Steinmeier hatte einen solchen Wahlausgang für völlig unmöglich gehalten. Er er glaubte, ohne negative Folgen den Kandidaten Trump als Hassprediger beschimpfen zu können und sollen.

In Wirklichkeit wird sich durch die Wahl von Trump die Außenpolitik der USA in der Substanz nur graduell ändern. Trump wird den geordneten Rückzug Obamas aus dem Mittleren Osten und aus Europa (zum Leidwesen John McCains) fortsetzen.

Es werden sich Nuancen ändern. Trump wird sich Israel gegenüber nicht so feindselig verhalten wie Obama. Er wird voraussichtlich auch überdenken, ob die USA wirklich den PKK-Ableger YPG mit Waffen und Ausbildern unterstützen sollten. Trump  wird auch erwägen, Syrien im Einvernehmen mit dem NATO-Partner Türkei und mit Putin zu stabilisieren.

In der Auseinandersetzung um die Ukraine und die russische Bedrohung Osteuropas war Obama eher ein Getriebener, und bei Trump wird das nicht viel anders sein.

Innenpolitisch wird sich in USA manches ändern, aber das soll hier nicht meine Sorge sein. Allerdings werde ich ein Auge die Diskussion um die Neugestaltung der Unternehmensbesteuerung haben, denn diese kann das komplette System des Welthandels und das weltweite Finanzsystem stark beeinflussen.

Nato und EU

Eine konstruktive Reaktion auf das Brexit-Votum wäre gewesen, die Nato als Plattform für eine gemeinsame Sicherheitspolitk des Westens zu stärken.

Wir haben jedoch das Gegenteil erlebt: Ein verhaltener Jubel aus Berlin: Endlich können die Briten ein militärisches Kommandozentrum auf EU-Ebene nicht mehr blockieren.

Dies zeigt, dass es mit einer Westorientierung in Berlin nicht mehr weit her ist.

Wahl in Frankreich

Es wird nach dem Abgang Hollandes mit Sicherheit eine neue Ausbalancierung der französischen Außenpolitik geben, unabhängig von der Entscheidung, wer Hollande nachfolgen wird.

Frankreich wird nicht mehr bedingungslos dem Kurs Merkels gegenüber Russland folgen. Und Frankreich wird sich – wenn Merkel ihre Position zu Theresa May nicht ändert – in der Sicherheitspolitik zwischen einer Kooperation mit Berlin und einer Kooperation mit London und Washington entscheiden müssen.

Wenn  Fillon oder Macron Präsident werden würde, könnte dieser Anpassungsprozess in die Länge gezogen werden, so dass der Wahlkampf in  Deutschland nicht gestört wird.

Aber ein Sieg von Marine Le Pen würde Merkel unter Zugzwang setzen. Ihr Versuch, die Probleme Europas auf die Zeit nach der Bundestagswahl zu verschieben, wäre gescheitert. Sie müsste schnell Farbe bekennen, ob Sie

  • mit Le Pen zusammenarbeiten wollte,
  • oder ein Redeverbot wie mit Theresa May durchsetzen wollte
  • oder gleich den Ausschluss Frankreichs aus der EU betreiben wollte

Wahl in Deutschland

Es ist nicht so klar wie manche denken, dass Merkel eine vierte Amtszeit als Kanzlerin gewinnen wird. Eine rechtspopulistische Regierung werden wir hier nicht erleben, aber eine linkspopulistische ist durchaus im Bereich des Möglichen.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel könnte sich an das Erfolgsrezept Schröders aus dem Jahr 2002 erinnern: Merkel in der Außenpolitik rechts überholen und einen „deutschen Weg“ ausrufen.

Mit einem US-Präsidenten Trump wird Antiamerikanismus in Deutschland zum guten Ton gehören. Selbst Merkel wird sich dazu bekennen.

Aber es wird Merkel auch nichts anderes übrig bleiben, als die Verlegung von US-Truppen nach Polen zu akzeptieren und den Bau des Raketenschutzschildes in Osteuropa zumindest zu tolerieren. Gabriel wird ihr deshalb vorgespielten Antiamerikanismus vorwerfen.

Insbesondere die Linkspartei wird versuchen, Stimmen bei der AFD einzusammeln. Hier können Lafontaine und Wagenknecht die starke Ablehnung gegen Merkel unter den AFD-Wählern nutzen und argumentieren: „Eine Stimme für die AFD ist eine Stimme für den Verbleib Merkels im Kanzleramt.“ Also: Wer „Merkel muss weg“ ruft, muss links wählen.

Das Ende des Westens

Nachdem mit der Wahl Trumps als Präsident der USA Antiamerikanismus in Deutschland zum Teil der Staatsräson zu werden scheint, wird es in Zukunft zwei verschiedene „Westen“ geben: Einer unter der Flagge der EU, personifiziert durch Merkel. Dieser Merkelsche Westen wird je nach Ausgang der Wahlen in Frankreich entweder am Rhein, oder an der Westküste des europäischen Kontinents enden. Und es wird einen anglo-amerikanischen Westen geben, der sich um die USA und Großbritannien schart.

Aber zwei Westen ist dasselbe wie kein Westen. Die globalen Institutionen der Nachkriegsordnung (UN, EU, NATO, IWF) wurden bereits ausgehöhlt und  geschwächt. Die Institutionen der EU werden obendrein mittels eines informelles Netzwerks gelenkt. (Wenn die EU-Kommission wichtige Entscheidungen trifft, ohne vorher in Berlin anzurufen, ist das Kanzleramt beleidigt.)

Und wenn Gabriel gewinnt?

Wenn Sigmar Gabriel die Möglichkeit sieht, wird er versuchen selbst Kanzler in Berlin zu werden. Das kann ihm gelingen, wenn er einen Tsumani des Antiamerikanismus reitet. Das Ende des Westens ist dann definitiv gekommen.

Man könnte nun meinen, mit Gabriel könnte es – analog zum Merkel-Westen -einen EU-bestimmten Westen geben.

Aber Gabriel hat nicht die Statur, die notwendig ist um Griechenland und Finnland sowie gleichzeitig Portugal und Ungarn unter einen Hut zu bringen.

Nach seinem Wahlsieg würde es also nur  den einen Westen geben, den atlantischen Westen. Die EU unter Gabriel wäre nicht mehr Teil des Westens.

 

 

 

Nach der Brexit Entscheidung

Nach der Brexit-Entscheidung stellt sich nun die Frage, wie es jetzt weitergehen soll.

Auf britischer Seite sind die nächsten Schritte vorgezeichnet. Die Briten müssen sich erstmal neu sortieren. Es steht die Debatte an, was man denn positiv will in Bezug auf die EU, nachdem man entschieden hat, aus der EU auszutreten. Diese Debatte wird einen neuen Premier-Minister und möglicherweise auch einen neuen Oppositionsführer hervorbringen. Es ist gut möglich, daß die neue Regierung in London dann zu dem Schluß kommt, daß sie die Wähler um eine neue Legitimation für ihr weiteres Vorgehen bitten muß.

Reaktion der EU

Die Seite der EU war sicherlich nicht so überrascht und geschockt wie sie vorgibt, denn die Umfragen zu dem Volksentscheid waren über Wochen nicht eindeutig, es war immer eine klare, wenn auch nicht die einzige Möglichkeit, daß die Briten sich gegen eine weitere Mitgliedschaft in der EU entscheiden könnten. Juncker, Merkel, Steinmeier, Hollande, Tusk hatten also alle Zeit der Welt, sich auch auf diesen Fall vorzubereiten, und haben es auch getan.

Zwei Optionen der EU

Sie haben die Wahl, eine Bestrafung der Briten zu versuchen und, wie von manchen angekündigt, alles zu tun um ein Scheitern Großbritanniens herbeizuführen, bis hin zu einem Angriff auf die territoriale Integrität des Vereinigten Königreichs und einem neuen Anfachen des Konfliktes in Nordirland.

Oder sie können sich die Mühe machen, den Vertrag von Lissabon erneut zu lesen und dann feststellen, daß die Briten keine Straftat begangen haben und somit auch nicht bestraft werden müssen. Dann könnten sie sich vielleicht an einer konstruktiven Debatte beteiligen, wie das Verhältnis zum Vereinigten Königreich auch ohne eine EU-Mitgliedschaft positiv gestaltet werden kann.

Jedenfalls sollten sich die Herren Juncker, Schulz, Steinmeier, Gabriel und andere daran erinnern, daß der Vertrag von Lissabon zwar eine mögliche Austrittserklärung vorsieht, daß diese jedoch nur von den Regierung des austretenden Landes abgegeben werden kann, zu einem von dieser bestimmten Zeitpunkt. Ein Ausschluss aus der EU ist nicht möglich, auch nicht nach einem Volksentscheid wie kürzlich in Großbritannien. Und sicherlich können weder Schulz noch Juncker, noch Steinmeier, noch Gabriel, noch Merkel diese Austrittserklärung für das Vereinigte Königreich abgeben.

Die Fragen, die für die EU zu klären sind

Abgesehen von Diskussionen über die zukünftige Rolle der Londoner City für EU und Eurozone ergeben sich noch ganz andere Fragen, über die im Kanzleramt sicherlich nachgedacht wird:

  • Was wird aus dem Ärmelkanal Tunnel
  • Was wird aus Vodafone
  • Was wird aus dem europäischen Stromnetz
  • Kann die EU noch auf britisches Erdgas zählen, sollte aus dem einen oder anderen Grund nicht genug Gas aus Rußland kommen?
  • Wie verändern sich die Machtverhältnisse innerhalb der EU?
  • Wer kann neue Sperrminoritäten bilden, wenn die Stimmrechte Großbritanniens weggefallen sind?
  • Wie verändert sich das Verhältnis zwischen EU und Nato?
  • Welchen Einfluss werden EU, Großbritannien und Deutschland zukünftig jeweils bei IWF, Weltbank und UN haben?

EU setzt auf Konfrontation

Die EU scheint sich für den Weg der Konfrontation entschieden zu haben. In diesem Zusammenhang erscheint es mir sehr unwahrscheinlich zu sein, daß die Steinmeiers und Gabriels ohne Absprache mit Merkel und gegen deren Willen agieren.

Woher kommt nun die Forderung, ein Land zu bestrafen, weil es angekündigt hat, ein im EU-Vertrag verbrieftes Recht wahrzunehmen, und zu versuchen, dieses Land sofort und in rechtswidriger Weise aus den Entscheidungsprozessen der EU hinauszudrängen?

Die Begründung, man benötige Klarheit um die Finanzmärkte zu beruhigen, kann nur vorgeschoben sein. Im Moment könnte nur eins die Finanzmärkte merklich beruhigen: Klare Signale von allen Seiten, daß man entschlossen ist, konstruktiv und bedachtsam mit einer schwierigen Situation umzugehen. Aus Brüssel kommt das Gegenteil, während in Berlin die Worte aus dem Kanzleramt im Widerspruch zu den Aktionen des Aussenministers stehen.

Dieses Bild bewirkt sicherlich keine Deeskalation der aktuellen Krise. Im Gegenteil, eine wirksamere Strategie zur weiteren Verunsicherung der Wirtschafts- und Finanzwelt ist kaum denkbar.

Merkels Zauberlehrlinge haben übernommen

Steinmeier, Gabriel, Schulz, Juncker und Hollande hatten mehrmals Gelegenheit zu beobachten, wie Merkel von Zeit zu Zeit Krisen anheizt, um ihre Ziele durchzusetzen. Sie wollen es ihr nun gleichtun, und die Brexit-Krise nutzen, um ihre eigene Agenda durchzusetzen.

Merkel sieht ihnen beim anheizen der Krise gelassen zu. Sie lässt sie gewähren, distanziert sich aber leise mit mahnenden Worten. Das ist klug, denn so suggeriert sie Uneinigkeit und eingeschränkte Handlungsfähigkeit in Berlin. Damit verstärkt sie das Gefühl der Unsicherheit, das die Finanzmärkte nach der Brexit-Entscheidung in den Krisenmodus treibt, und zu neuen Zinsaufschlägen für die Euro-Staaten am Mittelmeer führt. Gleichzeitig kann sie auf diese Weise die Verantwortung für die kommende Zuspitzung anderen zuschieben.

Berlin hat einen Plan

Im Kanzleramt in Berlin sind sicherlich schon seit einigen Monaten einige hundert der hellsten Köpfe damit beschäftigt über diese und weitere Fragen nachzudenken, und nach Aussage von Wolfgang Schäuble hatte die Bundesregierung vor der Brexit-Abstimmung einen Plan in der Schublade für den Fall, dass sich die Briten gegen die EU entscheiden sollten. Man darf getrost davon ausgehen, dass wir im Moment Zeuge einer frühen Phase der Ausführung dieses Planes sein dürfen.

Warum jedoch lässt Merkel die Zauberlehrlinge gewähren, wo sie doch weiß, daß diese darauf aus sind, sich einen Teil ihrer Macht anzueignen?

Die Antwort ist einfach: Sie weiß, daß es sich dabei nur um Zauberlehrlinge handelt, die in Wirklichkeit nicht wissen was sie tun. Sie haben zwar gesehen, daß Merkel zuweilen Krisen anheizt und dann nutzt um ihre Machtansprüche durchzusetzen. Aber den zweiten Teil ihrer Technik, der nicht so sichtbar ist, den haben sie übersehen: Nämlich klar definierte Ziele und einen durchdachten Aktionsplan zu haben, der im richtigen Moment Schlag auf Schlag umgesetzt werden kann.

Die Rolle der Zauberlehrlinge

Ihren Zauberlehrlingen fehlen klare Ziele, und ein klarer Plan. Sie sind jedoch zu Merkel sehr freundlich, entzünden ein Feuer und bringen die Küche zum Glühen. Merkel wartet dann, bis die Küche brennt und die Zauberlehrlinge nicht mehr weiterwissen. Dann ist ihre Zeit gekommen, die Welt zu retten und dafür ihren Preis zu verlangen.

Merkels Preis

Merkels Preis wird sein, dass die verbleibenden EU-Staaten die Vorherrschaft Berlins, und ein faktisches Vetorecht Berlins in allen Fragen anerkennen. Die von Merkels Zauberlehrlingen erzeugte Panik an den Finanzmärkten wird die Euroländer vor genau diese Alternative stellen: Unterwerfung oder Ausscheiden.

Für die Länder Osteuropas hat ein anderer Aspekt der Konfrontation zwischen den Mächtigen der EU und Großbritannien eine wichtige Konsequenz: Die NATO wird noch mehr zu einer bloßen Hülse. Die wichtigsten europäischen Mitglieder der NATO werden zerstritten und unfähig zum gemeinsamen Handeln sein, und die Vereinigten Staaten haben keine Möglichkeit, ohne gemeinsame logistische Unterstützung durch Deutschnd und Großbritannien in Osteuropa eine nennenswerte militärische Rolle zu spielen. Somit werden die osteuropäischen Staaten gezwungen sein, sich zu entscheiden, ob sie sich Putin oder Merkel unterwerfen wollen.

Griechenland und das Mittelmeer-Gebiet

Nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreiches können Länder eine Sperr-Minortität bilden, wenn sie zusammen knapp 200 Millionen Einwohner haben. Portugal, Spanien, Frankreich und Griechenland kommen zusammen auf rund 195 Millionen. Sie benötigen also nur noch ein weiteres relativ kleines Land wie Kroatien, Irland oder Österreich als Bündnispartner, um Beschlüsse in den Ministerräten der EU blockieren zu können.

Daher wird es für Merkel attraktiv sein, Griechenland aus der Eurozone und auch aus der EU herauszudrängen. Die notwendigen Vorbereitungen sind mittlerweile getroffen: Grenzen werden wieder kontrolliert und können – inklusive des Brennerpasses – kurzfristig geschlossen werden. Devisenkontrollen gelten für Griechenland sowieso, der Apparat diese durchzusetzen ist vorhanden und erprobt.

Für Merkel hat dies den weiteren Vorteil, daß sie in diesem Fall die Verantwortung für die sowieso notwendige Abschreibung der Schulden Griechenlands gegenüber Deutschland und den Institutionen der Eurozone der Brexit-Entscheidung zuweisen könnte. Damit wäre ihr größtes Dilemma gelöst: Sie kann innenpolitisch weder einen vom IWF geforderten Schuldenschnitt für Griechenland rechtfertigen, noch eine Fortführung der sogenannten Rettungskredite für Griechenland ohne Beteiligung des IWF sicher im Bundestag durchsetzen.

Wenn dann Zypern und Italien, eventuell auch Spanien, Portugal und Malta mit Griechenland gehen würden, wäre dies für Merkel kein wirklich großes Problem. Schuld wären natürlich die Briten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flüchtlingskrise – Merkels Quadratur des Kreises

Flüchtlingskrise definiert griechische Nordgrenze als Südgrenze des Merkel-Reiches

Langsam hat Merkel die Kontrolle in der Flüchtlingskrise zurückgewonnen. Die Grenzen werden wieder kontrolliert, und nur noch die Flüchtlinge werden durchgelassen, die man haben will. Allerdings findet die Kontrolle  nicht innerhalb Deutschlands oder der EU statt, und rechtsstaatliche Standards sind nicht ersichtlich.

Die Kontrolle findet nämlich wie im EU-Vertrag vorgesehen an der Außengrenze des Schengen-Gebietes statt, nämlich an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien. Allerdings fallen die Entscheidungen auf der mazedonischen Seite, und damit außerhalb des Gebietes in dem EU-Recht gilt. Dabei fällt in der allgemeinen Aufregung kaum auf, dass nach diesem neuen Reglement nicht Menschen an der Einreise in das Schengen-Gebiet (in diesem Fall Griechenland) sondern wie weiland in der DDR an der Ausreise aus dem Schengen-Gebiet gehindert werden.

Informelle Machtstrukturen ohne parlamentarische oder gerichtliche Kontrolle werden etabliert

Und nicht die griechische Regierung entscheidet, wer Griechenland verlassen darf, sondern eine nicht näher beschriebene Frontex-Mission die auf dem Balkan-Gipfel im Oktober beschlossen wurde.

Letztlich hat Griechenland unter der Drohung, aus dem Schengen-Gebiet ausgeschlossen zu werden, zugestimmt dass Frontex in Zusammenarbeit mit der Mazedonischen Grenzpolizei entscheiden darf, wer Griechenland Richtung Mazedonien verlassen darf, und wer in Griechenland bleiben muss. Syrer, Afghanen und Iraker dürfen derzeit durch, Griechen vermutlich auch.

Aber wie entschieden wird, welcher ehemalige Einwohner von Damaskus Syrer ist, und wer Palästinenser ist, oder welche Paschtunen Afghani sind, und welche Paschtunen Pakistani sind, das bleibt im Dunkeln. Es gibt auch kein Rechtsmittel dagegen, wenn auf diese Weise ein von Boko Haram verfolgter Afrikaner daran gehindert wird, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen

Deutlich wird jedoch, dass hier an den Institutionen der EU vorbei eine informelle Entscheidungsstruktur etabliert wurde, deren Fäden allem Anschein nach im Berliner Kanzleramt gezogen werden.

So darf man also sagen: Merkel hat die südliche Grenze Ihres Reiches als die Nordgrenze Griechenlands definiert und eine „zivile Mission“ hat mit Unterstützung des Frontex-Systemes die Kontrolle über diese Grenze übernommen. Gleichzeitig wurde jede rechtsstaatliche Kontrolle über die Anwendung des Asylrechts im Merkel-Reich ausgehebelt.

Das alles hat Sie geschafft, ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Sie hat sich als die „Große Gütige“ dargestellt, und Victor Orban sowie die Griechen, Mazedonier, Kroaten und Slowenen die Drecksarbeit machen lassen.

Das Schengen-System ist für lange Zeit nicht mehr funktionsfähig 

Gleichzeitig hat Merkel zugelassen, dass durch die Flüchtlingskrise eine unbekannte Anzahl unbekannter Personen in das Schengen-Gebiet einreisen konnten. Dies führt zwangsläufig dazu, dass Grenzkontrollen im Schengen-Raum auf lange Sicht wieder zur Normalität werden wird, und dass ein engmaschiges Netz der Massen-Überwachung über Europa gespannt werden wird, um eventuelle Illegale aufzuspüren. Da man nicht weiß, wie viele gekommen sind, ohne sich dem Prozess der Erkennungsdienstlichen Behandlung auszusetzen, gibt es auch keinen Punkt, an dem man sagen könnte: „Jetzt sind alle gefunden“.

Neue Grenzkontrollen als Voraussetzung für die Zerschlagung des Euro

Dadurch ergibt sich die Legitimation, ein System der Grenzkontrollen an den Landgrenzen, den Flughäfen und in den Zügen neu zu etablieren.

Dieses System der Barrieren gegen die Reisefreiheit der Menschen wird aber auch gebraucht, wenn man einzelne Länder aus dem Euro kicken will, bzw. den Euro komplett zum Platzen bringen will. Man muss nur darüber nachdenken, was die rationale Reaktion der Menschen in Griechenland auf einen Ausschluss aus dem Eurosystem und dem damit verbundenen Zusammenbruch der gesamten wirtschaftlichen Aktivität inklusive aller öffentlichen Dienstleistungen wäre: Die Menschen würden in den Norden Europas kommen, versuchen dort einen Job zu bekommen. Viele würden hier Sozialleistungen beantragen, und viele würden sich gar nicht registrieren und schwarz arbeiten. Das würde in Deutschland zu einer Revolution von Rechts führen.

Neu eskalierende Eurokrise als offizieller Gründungsakt des Merkel-Reiches

Wir dürfen also getrost erwarten, dass entsprechend der bekannten Methode Merkels nach der Flüchtlingskrise und der Etablierung des neuen Systems der Barrieren gegen Migration die Eurokrise wieder hochkocht. Bei Griechenland ist die Bruchstelle ja bereits eingebaut, da die Einbindung des IWF noch nicht geregelt ist, und die angestrebten Privatisierungserlöse auch sehr fraglich sind. Aber man könnte dann auch die ganze Reihe der Dominosteine umwerfen und die mediterranen Länder „mit großem Bedauern“ aus dem Euro fallen lassen. Die Grenze des dann verbleibenden Restes der Eurozone könnte die Westgrenze des Merkel-Reiches markieren.

Die Nordgrenze des Merkel-Reiches wäre die Ostsee, und der östliche Nachbar wäre Putin.

 

 

Merkel als Gatekeeperin für russisches Erdgas

Dieser Artikel erlaubt sich einen Blick auf die Auseinandersetzung um die Ukraine, der sich einmal von den täglichen Schreckensmeldungen loslöst und die Frage stellt, wem dieser Krieg eigentlich Vorteile bringt, und wie sich die Machtpositionen in Europa durch diesen Krieg bereits verändert haben und wahrscheinlich noch weiter verändern werden.
Wir kommen zu dem Schluss, dass es sich um einen Kampf um die Herrschaft über die europäische Energieversorgung handelt.

Wenn man einmal all die aktuellen Aufreger zur Seite legt, sieht man dass es in diesem Frühjahr, also bis zu den massiven Angriffen mit schweren Waffen, mit Artillerie und auch ballistischen Raketen auf Städte in der Ostukraine durchaus Lösungsmöglichkeiten für die Verfassungskrise in der Ukraine gegeben hätte, wenn es denn gewollt gewesen wäre.

Mögliche, aber nicht gewollte Lösung:

Das hätte etwa so aussehen können:

  1. Eine Art Bundesländer, ähnlich wie in Deutschland, die über Schulpolitik und Kulturpolitik bestimmen, und die auch für den Polizeiapparat und innere Sicherheit zuständig sind
  2. Eine nationale Regierung die für Außenpolitik, das Militär und für soziale Sicherungssysteme zuständig wäre
  3. Ein absolutes Verbot, das Militär nach innen einzusetzen
  4. Eine Verankerung der außenpolitischen Neutralität des Landes in der Verfassung und eine Regelung, die den Beitritt zu internationalen Organisationen von der Zustimmung eines jeden einzelnen Bundeslandes abhängig macht
  5. Eine Regelung, ähnlich wie in der US-Verfassung, die eine Zustimmung jeden einzelnen Bundeslandes vor einer Verfassungsänderung verlangt.

Eine solche Verfassung wäre sicherlich nicht von vorneherein undemokratisch gewesen. Also kann es daran schon einmal nicht gelegen sein, dass nur noch ein alles übertönendes Geschrei zu hören war, sobald das Wort „Föderalisierung“ fiel.

Die Alternative:

Die Alternative zu einer solchen Lösung, die für mindestens eine Seite des Konfliktes attraktiver war, sieht so aus:

  1. Schüsse auf Demonstranten in Kiew und anschließend Sturm auf den Präsidentenpalast durch bewaffnete Demonstranten in Kiew
  2. Bedrohung und Einschüchterung von Mitgliedern des ukrainischen Parlamentes
  3. Übernahme von Teilen der Gebiete Lugansk und Donezk durch prorussische Milizen
  4. Übernahme des Gebietes Dnipropetrowsk mit ihrer für den Flugzeugbau essentiellen Titan-Industrie durch Privatarmeen eines Oligarchen namens Ihor Kolomojskyj.
  5. Beschuss von Städten der Ostukraine durch Regierungstruppen mit Artillerie und Raketen
  6. Mindestens 4000 Tote, davon viele zivile Bewohner der Großstädte im Osten der Ukraine
  7. Zerstörung der Infrastruktur und der Industrie im Osten der Ukraine
  8. Stationierung einer Miliz, die sich ausdrücklich in die Tradition der deutschen SS stellt, direkt an der russischen Grenze in der Nähe von Rostow
  9. EU-Sanktionen gegen Russland

Wahrscheinliches Ergebnis

Aller Voraussicht nach wird am Ende dieser Auseinandersetzung eine Teilung der Ukraine stehen. Der genaue Verlauf der Teilungslinie wird vermutlich in einer weiteren Runde militärischer Auseinandersetzungen entschieden werden. Danach wird es eine mehr oder weniger lokalisierte Version des kalten Krieges („Frozen Conflict“) geben. Der Ostteil der Ukraine wird dann in jeder Beziehung von Russland abhängig sein. Der insolvente Westteil der Ukraine wird wirtschaftlich und finanziell absolut vom Westen und insbesondere von Berlin abhängig sein.
Die Kiewer Regierung und ihre Berliner Patronin könnten dann jederzeit den Konflikt hochkochen und den Zugang zu russischem Gas im Balkan blockieren. Berlin würde damit zwei Drittel der Pipelines für russisches Gas in die EU kontrollieren. Damit wäre die Abhängigkeit der EU von russischen Erdgaslieferungen ersetzt durch die deutsche Kontrolle des russischen Zugangs zum Erdgasmarkt der EU.

Russland hätte zwar die Kontrolle über zumindest einen Teil der ostukrainischen Industrieregionen erlangt, die für die russische Industrie von strategischer Bedeutung sind. Der Preis dafür war allerdings die fast vollständige Zerstörung der Industrieanlagen und der zugehörigen Infrastruktur.

South Stream
OK. Sie sagen, das ist eine völlige Überinterpretation von Berliner Ambitionen. Deshalb hier einige Informationen und Geschichten um die South Stream Pipeline, eine Erdgasleitung, die durch das Schwarze Meer an der Ukraine vorbei nach Bulgarien führen soll, und dann weiter über Bulgarien, Serbien und Ungarn in die Slowakei und nach Österreich. Diese wurde von der EU-Kommission aus politischen Gründen unter kartellrechtlichen Vorwänden blockiert. Hier der Bericht über eine Stellungnahme des Herrn Oettinger, Merkels Mann in der EU-Kommission zum Bau von South Stream.

Als trotz solcher Erklärungen die bulgarische Regierung grünes Licht für den Bau der dortigen Strecke von South Stream gegeben hatte und die Ausschreibungsergebnisse veröffentlicht wurden, wurde plötzlich mit Spam-Emails und SMS ein Run auf zwei große bulgarische Banken angestoßen, mit dem Ergebnis, dass die bulgarische Regierung einen Not-Kredit der EU annehmen und dann nach einigen Tagen zurücktreten musste. Dies war sicherlich nicht das Ergebnis einer Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten Bulgariens.

South Stream als Friedensplan
Die South Stream Pipeline würde es Russland erlauben, Erdgas ohne Zustimmung der Kiewer Regierung und des Berliner Kanzleramtes an Balkanstaaten wie Bulgarien, Serbien und Ungarn zu liefern, und zusätzlich auch Griechenland und Italien mit russischem Erdgas zu bedienen. Zusätzlich könnten in Griechenland oder Bulgarien Flüssiggas-Terminals gebaut werden, über die russisches Gas auch den Weltmarkt erreichen könnte. Ein Flüssiggas-Terminal in Bulgarien könnte auch Erdgas aus Zypern und Israel in das System einspeisen und so auch die Abhängigkeit der Balkanstaaten und Österreichs von russischem Gas vermindern. Deutschland hätte allerdings alle Aussichten verloren, über die Ukraine russische Erdgasexporte in die EU zu kontrollieren und sich die aus Gazproms Monopol ergebende Marktmacht selbst anzueignen. So gesehen könnte South Stream der beste Friedensplan für die Ukraine sein, da nach dem Bau dieser Pipeline die Ukraine kein geeigneter Austragungsort mehr für einen Krieg um die Dominanz des europäischen Energiemarktes wäre.

PS: Merkels Albtraum wäre natürlich die Verlängerung des South Stream Systems bis nach Bayern, weil dann Seehofer den Bau der Mega-Stromleitungen für norddeutschen Braunkohle- und Windstrom nach Bayern blockieren könnte, ohne dass dadurch in Bayern die Lichter ausgehen würden.

Schröders Erbe und die Eurokrise

Immer wieder wird als Lösing der Eurokrise propagiert, die Länder Südeuropas sollten Strukturreformen nach dem Vorbild von Schröders Agenda 2010 einführen.

Teile davon sind in der Tat richtig und wichtig. Das gilt insbesondere für ein späteres Renteneintrittsalter, das eine zwingende Konsequenz aus der steigenden Lebenserwartung ist.

Subventionierung unproduktiver Arbeit
Aber die von der Regierung Schröder/Fischer eingeführte Subventionierung von unproduktiver Arbeit führt zu einer fehlerhaften Verwendung von ökonomischen Ressourcen. Menschen werfen zu Tätigkeiten gezwungen deren Ertrag nicht genügt, ihr Überlebenden zu sichern. Der Staat ergänzt dieses Nicht-Einkommen bis zu einem Betrag, den er als angemessen erachtet.
Dieser Artikel beschreibt einige Mechanismen, die durch solche Subventionen für Arbeitsprozesse mit niedriger Produktivität ausgelöst werden.
Zunächst hat die Logik, die besagt jeder solle sich selbst erarbeiten, was er könne, etwas bestechendes. Man könnte meinen es diene der Würde der Menschen, die nun auf weniger Hilfe angewiesen seien, und denke die Kosten für die Steuerzahler. Der Zwang, der in dieses System eingebaut wurde, führt jedoch in Wirklichkeit zu einem kontinuierlichen Abbau von Fähigkeiten bei den betroffenen Personen, zur Entwürdigung der Menschen und erhöht gleichzeitig die Kosten für Sozialausgaben.
Dieses System ist auch moralisch fragwürdig. Ökonomisch wichtiger sind jedoch die versteckten Kosten dieses Systems, die sich dadurch ergeben, dass das Wachstum des ökonomischen Potenzials ausgebremst wird. Dieser Artikek konzentriert sich auf die ökonomischen Konsequenzen der sogenannten Agenda 2010.

Beispiel Taxigewerbe
Ich will hier ein Beispiel aus dem Dienstleistungssektor diskutieren, das Taxigewerbe einer mittelgroßen Stadt. Man würde in anderen Branchen, z.B. bei Callcentern, Friseuren etc. ähnliche Effekte finden. Ich nehme das Taxigewerbe, weil hier die Marktmechanismen sehr deutlich sichtbar sind. Mein Rechenbeispiel ist eine mittelgroße Stadt mit einem Bedarf von 100 Taxen an Werktagen tagsüber und von 30 Taxen nachts und an Wochenenden. In diesem Szenario konnten in unsrer Musterstadt etwas mehr als 130 Menschen gut als Taxifahrer leben.
Nun kommen die Schrödersche Lohnsubventionen der Agenda 2010 ins Spiel. In der Tendenz sind nun alle 100 Taxen Tag und Nacht voll besetzt. Dies hat zur Konsequenz dass die 40 Taxifahrer, die bisher nachts und am Wochenende ihr Geld verdient haben, von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Wenn sie mehr als das staatlich verordnete Existenzminimum erhalten möchten, werden sie in die Tagschicht drängen.So entsteht auch ein Druck auf die Verdienstmöglichkeiten der Tagfahrer. Wir haben nun in dieser Musterstadt 40 Personen zusätzlich, die durch ihre Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr verdienen können, und 100 weitere, deren Einkommen erheblich unter Druck geraten ist.
Man kann dieses Beispiel auf viele Dienstleistungen übrtragen: Arbeiten zu Zeiten mit reduzierten Bedarf für eine Dienstleistung wird subventioniert, und Menschen werden dann gezwungen zu diesen Zeiten diese Leistungen zu erbringen. Die wenigen, die vorher von ihrer Arbeit in diesen Nebenzeiten leben konnten, können dies nicht mehr. Sie drängen daher in die Hauptzeiten, und so entsteht auch ein Druck auf die Einkommen der Menschen die zu den Zeiten mit größerer Nachfrage für ihre Dienstleistungen arbeiten.

Lohnsubventionen drückem mehr Menschen in die Hilfsbedürftigkeit
Hier greift nun ein weiterer Mechanismus: Wenn sich jemand dauerhaft in einer Situation wiederfindet, in der sein Einkommen nicht mehr den notwendigen Lebensunterhalt deckt und er somit auf die Schröderschen Lohnsubventionen angewiesen ist, dann wird es für ihn unerheblich ob er einen Stundenlohn von 8 oder 3 Euro von seinem Arbeitgeber erhält. Am Ende wird er denselben Betrag für seine Familie zur Verfügung haben, und wird so oder so von der Sozialbürokratie bevormundet werden. Er wird also keine Lohnerhöhungen verlangen, und wenn sein Chef ihm sagt, ich kann Dir nur noch 4 Euro pro Stunde zahlen, dann wird er mit den Achseln zucken und antworteten: „Na gut, wenn Du meinst.“

Verarmung der Gesellschaft
Also haben die Schöderschen Lohnsubventionen sechs direkte Auswirkungen:

  1. Die Zahl der Menschen, die den eigenen Lebensunterhalt nicht mehr selbst erwirtschaften können, und die unter die Fittiche der Sozialbürokratie flüchten müssen, steigt. Die staatlichen Sozialausgaben steigen daher massiv.
  2. Die Möglichkeiten für Arbeitsmarkt-Teilnehmer, ihre Produktivität durch Weiterbildung zu sichern und zu steigern, nimmt ab weil viele Menschen die dafür notwendige Energie und auch das notwendige Geld nicht mehr aufbringen können.
  3. Auch die Einkommen der Menschen, die gerade noch selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, sinken.
  4. Unternehmensgewinne steigen kurzfristig da das Lohnniveau am unteren Ende des Arbeitsmarktes massiv gedrückt wird.
  5. Anreize für Investitionen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität werden reduziert.
  6. Mittelfristig verarmt die gesamte Gesellschaft da Investitionen in Prozesse mit höherer Arbeitsproduktivität bei Firmen und in Weiterbildung mit dem Ziel höherer Arbeitsproduktivität beim einzelnen Arbeitnehmer ausgebremst werden.

Verstaatlichung der Kindererziehung
Hinzu kommt, dass die Familien als Lebensraum für Kinder zerstört wird. Eltern werden gezwungen, beide Vollzeit zu arbeiten und die Förderung ihrer Kinder an staatliche Einrichtungen zu delegieren. Und wenn eine Familie unter Oberaufsicht der Sozialbürokratie steht, hat sie noch nichteinmal die Möglichkeit, sich diese Einrichtung selbst auszusuchen.
Dies mag zwar aus kulturpolitischen Gründen vom Staat so gewünscht sein, da sich so die Assimilation von Einwandererkindern erzwingen lässt und sich der Staat die Kontrolle über die Sozialisierung fast aller Kinder auf diese Weise erschleichen kann.
Aber unter ökonomischen Gesichtspunkten ist das extrem teuer. Eine Mutter oder ein Vater von zwei Kindern müsste 2000 Euro monatlich aufwenden, wenn er oder sie die staatliche Betreuung ihrer oder seiner Kinder selbst bezahlen müsste. Verdient eine Elternteil nach Abzug von Steuern, Wegekosten und möglicherweise Krankenversicherung weniger, wäre es wirtschaftlicher, wenn dieses Elternteil zuhause bliebe um für die Kinder zu sorgen und deren Entwicklung zu fördern. Das setzt freilich voraus, dass wir den Eltern in Deutschland zutrauen Eltern zu sein.

Das ist teuer
Natürlich kostet es viel Geld, wenn

  1. weniger Menschen ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten können und daher mehr Menschen auf staatliche Zahlungen angewiesen sind
  2. immer mehr Eltern gezwunger werden, die persönliche Betreuung ihrer Kinder an staatliche Einrichtungen zu delegieren, weil ihre Familie von einem Einkommen allein nicht überlebenden kann

Die höheren Sozialausgaben müssen aber von jemandem bezahlt werden. Die Regierung Schröder beschloß seinerzeit , dass diese Rechnung durch höhere Verbrauchssteuern bezahlt werden sollte, und erhöhte die Verbrauchssteuern auf Energie unter dem irreführenden Etikett „Ökosteuer“. Die erste Regierung Merkel setzte noch eins drauf und erhöhte den wichtigsten Satz der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent des Warenwerts, das ist eine Steigerungsrate von sage und schreibe 18,75 Prozent.

Makroökonomische Auswirkungen
Durch die Subventionierung von Prozessen mit niedriger Produktivität werden diese gestärkt. Produktionen, die normalerweise auf Prozesse mit höherer Produktivität umgestellt worden wären, bleiben unverändert. Sicherlich werden sogar Produktionen mit suboptimaler Produktivität neu eingerichtet, solange die Investitionskosten nicht zu hoch sind und auch keine langfristige Festlegung erforderlich ist.

Massive Belastung der Mittelschicht
Obwohl man darauf achtete dass die notwendigen Steuererhöhungen die hoch-produktiven aber auch hoch-mobilen Dienstleister im Bereich der Banken, Anwälte, aber auch Ärzten, Ingenieure und andere Knowledgeworker von den notwendigen Steuererhöhungen möglichst wenig belastet wurden, musste durch diese Politik zwangsläufig die durchschnittliche Produktivität der deutschen Wirtschaft jedenfalls im Vergleich zu anderen Ländern wie die USA sinken.
Die massiver Steuererhöhungen für die sesshafte Mittelschicht, die besagten Knowledgeworkern zuarbeitet, bewirkte jedoch einen deutlichen Einbruch beim Konsum und somit auch bei Importen.

Hoher Leistungsbilanzüberschuss
Es wurde sicherlich auch etwas mehr exportiert, und sei es nur dass einige Exporteure mehr deutsche Wertschöpfung in ihre Produkte einfließen lassen.
Allerdings stellte sich dieses Wachstum der Exporte erst nach Ende der Regierung Schröder ein. Vorher konnte man sich aufgrund Schröders Außenpolitik in vielen Ländern mit einem Mercedes-Auto oder einem Siemens-Telefon nicht mehr wirklich sehen lassen.
Nach Schröders Abgang hat es Merkel geschafft, das von der Regierung Schröder in weiten Teilen der westlichen Welt erzeugte Entsetzen zu relativieren und damit die Märkte in den betreffenden Ländern für deutsche Firmen wieder zugänglich zu machen. Das ist ihr wahres Verdienst, und selbst eine Mehrwertsteuer-Erhöhung um 18,75% konnte die daraus folgende Erholung der deutschen Wirtschaft nicht zunichte machen.

Innovationskraft blutet aus
Die Autoindustrie konnte sich aufgrund ihrer langen Tradition und ihres ausgezeichneten Know-Hows erholen. Aber:

  • Es gibt keine in Deutschland entwickelten oder hergestellten Smartphones, keine PCs aus Deutschland, keine Tablet Computer mit deutscher Technologie.
  • Wer in Deutschland kann einen Touch-Screen herstellen?
  • Es gibt nur noch eine Bank in Deutschland, die über die Landesgrenzen hinaus Bedeutung hat. Und die Deutsche Bank konnte sich nur deshalb international behaupten, weil sie vor gut zehn Jahren klug genug war, einen Großteil ihres Geschäfts in London anzusiedeln.
  • Es gibt keine deutsche Firma, die in der Lage ist den im Internet verfügbaren Schatz an Informationen effizient zu strukturieren. Man muss sich leider auf den Versuch beschränken, durch Google-Bashing das Gesicht zu wahren. Das gilt sogar für die Inhalte in deutscher Sprache.

Ich will diese Aufzählung nicht verlängern. Aber eine Frage muss noch sein: Wie weit muss der Stundenlohn einer Putzfrau in Deutschland noch sinken, damit das Land seine Innovationskraft wieder finden kann?

Wegen Euro keine Aufwertung der Währung in Deutschland
Dennoch: Schröders Subventionspolitik für Produktionsprozesse mit geringer Produktivität hat es vermocht, aus einem hartnäckigen Leistungsbilanzdefizit einen riesigen Leistungsbilanzüberschuss zu machen. Ohne den Euro hätte dies zu einer Aufwertung der deutschen Währung geführt, damit zu einer Steigerung der Kaufkraft der Gehaltsempfänger und im Extremfall zu einer deflationären Entwicklung. Jedenfalls hätte sich die Leistungsbilanz wieder einem Gleichgewicht angenähert. Aber unter den Bedingungen der gemeinsamen Währung konnte es gegenüber den anderen Euroländern keine Aufwertung geben, und der Aufwertungsdruck gegenüber anderen Währungen wurde durch den Euro stark verwässert.

Kräftige Unternehmensgewinne + geringer Innovationsdruck = hohe Geldvermögen
Die mittleren und großen Exporteure verdienen aufgrund des zu niedrigen Wechselkurses kräftig. Auch ihren Zulieferern ging es bestens, und sogar die kleinen Handwerker, die Bäcker, Metzger, Flaschner profitierten da sie nur noch deutlich niedrigere Löhne zahlen mussten.
Aber in Innovationen oder Steigerungen der Produktivität investierten nur noch wenige, da es ja nur geringen Druck in diese Richtung gab.
Wohin ging also das zusätzliche Geld, wem es nicht investiert wurde? Die Leute haben es auf die Sparkassen getragen. Und die Sparkassen haben es an die Landesbanken weitergereicht, da sie so viel überhaupt nicht verleihen konnten. Die Landesbanken haben den Geldsegen dann im Ausland in AAA-Produkten angelegt, ohne sich die Mühe zu machen, nachzusehen was sie da im Einzelnen kaufen.

Das ging dann aber schnell
Subprime … Georgien-Krieg … LEHMAN … Scheiße … kein Staat darf keine Bank nich pleite gehen lassen … irische Bankengarantie … aufatmen … Hypo-Realestate … Landesbanken … Chris Flowers enteignet, kann nicht mehr in die Bücher gucken … alles ist gut.

Lösung nur für Deutschland
Das Geld, das der deutsche Mittelstand zu den Sparkassen und Landesbanken getragen hatte, konnte nochmal gerettet werden. Das war aber knapp, nervenaufreibend und teuer für die Staatskasse. Für andere Länder will man das aber nicht machen, auch nicht gemeinsam auf EU-Ebene. Wahrscheinlich hätte man das dann auch nicht mehr bezahlen können.

Für andere Länder wird’s noch teurer
Aber das Euro-System kann man jetzt nicht platzen lassen. Deshalb erklärt man sich bereit, das unbedingt notwendige zu tun. Man lässt es sich aber teuer bezahlen. Der deutsche Leistungsbilanz-Überschuss spiegelte sich zwangsläufig in Leistungsbilanz-Defiziten anderer Länder, wie Spanien und Irland. Diese Länder kommen nun in große Schwierigkeiten da sich ein solches Defizit nicht per Dekret weg befehlen lässt und auch sonst nicht in wenigen Monaten verschwinden kann, aber mit dem Zusammenbruch der Kreditmärkte auch nicht mehr finanziert werden kann. Einige Länder müssen ihre Souveränität aufgeben. Es werden Maßnahmen durchgesetzt, die wie in Zypern oder Irland funktionierende, aber in Deutschland unbeliebte ökonomische Modelle zerstören. Im Dreimonats-Rhythmus wird geprüft ob man ein solches Land nicht doch Pleite gehen lassen möchte. Selbstverständlich muss in einer solchen Situation das ganze private Kapital diese Länder verlassen und findet sich, oh Wunder, in deutsche Anleihen zu negativen Realzinsen wieder. Das ist ein massiver – nicht nur temporärer – Wohlstands-Transfer aus Griechenland, Portugal, Irland und Zypern nach Deutschland. Auch Italien und Spanien sind von dieser Kapitalflucht betroffen. Mit diesem Zins-Verzicht durch Anleger aus anderen Euroländern auf Anleihen des deutschen Staates und von deutschen Konzernen kann man sogar die Kosten für die „Rettung“ des deutschen Finanzsystems fast wieder hereinholen.

Neue Gesichter
Trichet, Sarkozy und Berlusconi treten ab. Es kommen Mario Draghi, Mario Monti und François Hollande. Beim EU-Gipfel im Juni 2012 knüpfen sich Monti , Spaniens Rahoj und Hollande Merkel vor: „Jetzt reichts. Entweder wir gehen die Probleme gemeinsam an, oder der Euro ist am Ende. Jetzt, heute.“ Merkel stimmt schließlich zu, denn sie war auf ein sofortiges Ende des Euro nicht vorbereitet. Beschlossen wurde eine Banken-Union, sofort oder jedenfalls so schnell wie möglich. Insbesondere eine gemeinsames Abwicklung oder Rekapitalusierung für gescheiterte Banken wurde beschlossen, und als Vorraussetzung eine gemeinsame Bankenaufsicht.

Aufstand des deutschen politischen Mittelbaues
Zurück in Berlin bekam Merkel einiges zu hören. Jedenfalls ruderte sie schon am nächsten Tag zurück und verknüpfte ihre Zusagen mit kaum erfüllbaren Bedingungen.
Um dies zu verstehen muss man sich klar machen dass die Kreisvorsitzenden bei den großen Parteien die einzigen sind, die einen Vorsitzenden oder auch eine Kanzlerin ohne Neuwahlen absetzen können. Sie sind auch die Regenten der Sparkassen. Und sie haben sehr heftig auf die nun beschlossen Banken-Union reagiert.

Politische Funktion der Sparkassen
Das Sparkassen-System sichert die Macht des politischen Establishments in Deutschland gesellschaftlich ab. Hier werden in den Regionen die Gewinner gemacht und die Quertreiber bestraft. Zunächst dachte ich, es gehe „nur“ um diese leise Machtausübung in den Regionen mittels der Sparkassen, bei der man sich nicht durch europäische Institutionen auf die Finger sehen lassen will.

Verjährungsfristen
Als ich die letzten Statements von Wolfgang Schäuble zu einer europäischen Bankenaufsicht hörte und immer wieder Versuche sah, den Start einer europäischen Bankenaufsicht mindestens bis Ende 2014 zu verzögern, habe ich mal recherchiert was an diesem Termin so besonders ist. Und siehe da, die strafrechtliche Verjährungsfrist für Bilanzmanipulationen läuft 5 Jahre. Bilanzfälschungen aus dem Jahr 2009 können bis einschließlich 2014 strafrechtliche Konsequenzen für Sparkassen-Manager und Mitglieder der entsprechenden Aufsichtsgremien haben. Ob dieser Umstand in die deutsche Terminplanung für die Bankenunion eine Rolle spielt?

Deutsche Prioritäten
Es scheint jedenfalls festzustehen, dass die Berliner Regierung eher bereit ist, ein Zerbrechen der Eurozone zuzulassen als einer europäischen Institution vor 2015 das Recht zuzugestehen, in die Bücher aller deutschen Sparkassen zu sehen.